1945

HELENE JACOBS ENTLASSEN

Porträtfoto Helene Jacobs, undatiert.

“Wer auch nur ein Leben rettet, rettet die ganze Welt”, so steht es im Talmud. Helene Jacobs ist eine Retterin. Politisch wach und kritisch erkennt sie schon bei der Machtübernahme die Gefahren des Nationalsozialismus. Obwohl sie sich selbst für einen ängstlichen Menschen hält, traut sie sich etwas, das sich zur selben Zeit nicht viele Menschen in Deutschland trauen: Sie versteckt illegal Jüdinnen und Juden in ihrer Wohnung in Berlin, organisiert Verstecke, Lebensmittelmarken, gefälschte Pässe und anderes, das die Verfolgten zum Überleben in der Illegalität dringend benötigen. Damit nimmt sie eine zentrale Position im größten Hilfsnetzwerk seiner Art im Deutschen Reich ein. Bis sie denunziert und im Zuchthaus inhaftiert wird.

25. Februar 1906

Postkarte Bahnhof in Schneidemühl, koloriert, ca. 1906.

Helene Ursula Luise Jacobs wird am 25. Februar 1906 in Schneidemühl, einer Kleinstadt in der preußischen Provinz Posen, geboren. Heute heißt die Stadt Piła und liegt in Polen. Sie hat einen zwei Jahre älteren Bruder, Theodor August. Mutter Gertrud ist Volksschullehrerin, Vater Theodor Gymnasiallehrer. Der Vater hat sich zur freikirchlichen katholisch-apostolischen Kirche bekannt, doch die Kinder werden evangelisch getauft. Christliche Werte sind der Familie wichtig. Auch die Vaterlandsliebe ist etwas, das den Kindern vermittelt wird. Die Mutter beschreibt Helene später als “ausgesprochen national”, allerdings in dem Sinne, dass sie den Nationalsozialismus als einen Verrat am Vaterland empfunden habe.

Mai 1913

Ausschnitt aus dem Stadtplan von Berlin, 1925. Siemensstadt entstand durch die Ansiedlung der Werke von Siemens & Halske und gehört zu Spandau.

Die Familie zieht aus Schneidemühl weg, nach Berlin-Siemensstadt. Vater Theodor ist schwer erkrankt. Mutter Gertrud baut eine private Vorschule für Jungen in Siemensstadt auf, in der bis zu 120 Schüler unterrichtet werden. Doch ganz am Anfang sind es nur drei Schüler. Jeder von ihnen zahlt 25 Mark im Quartal – das ganze Einkommen der Familie in diesem Jahr. Helene muss der Mutter helfen. Sie wohnen in einem “sehr dürftigen” Nebenraum, einem Zimmer ohne Heizung. “Wir lebten in ziemlicher Armut”, erinnert sich Helene später. Ihr Bruder wird von Verwandten in ein Internat nach Ostrau geschickt. Er kommt nur noch in den Ferien nach Hause. Im August 1914 stirbt Vater Theodor.

1918

Eingang des Lily-Braun-Gymnasiums, ehemaliges Spandauer Lyzeum.

Obwohl sie noch ein Kind ist, hat der Erste Weltkrieg eine prägende Wirkung auf Helene. Sie hört von den Soldaten in den Schützengräben und fühlt sich bedrückt und hoffnungslos. Sie spürt deutlich, dass die politischen Ereignisse in der Welt auch etwas mit ihr zu tun haben, nicht nur mit “den anderen”. Als der Krieg zu Ende ist und die Weimarer Verfassung in Kraft tritt, fühlt sich das für Helene wie ein Neubeginn an. Doch für die Familie wirkt sich die neue Verfassung auch negativ aus: Private Vorschulen, so auch die Schule von Helenes Mutter, müssen aufgelöst werden. So kommt es, dass Helene jetzt, mit 12 Jahren, das erste Mal eine öffentliche Schule besucht, das Spandauer Lyzeum.

1921

NS-Boykott gegen jüdische Geschäfte, Berlin 1933.

Im Konfirmand:innenunterricht hat Helene ein Erlebnis, das sie so schnell nicht wieder vergessen wird: Der Pfarrer warnt die Kinder ganz unvermittelt davor, in “jüdischen Geschäften” einzukaufen. Als Helene ihn fragt, warum sie das denn nicht machen sollten, antwortet der Pfarrer, das sei “schädlich für die deutsche Wirtschaft”. “So ein Blödsinn”, denkt Helene, denn die Geschäfte, die von Jüdinnen und Juden geführt werden, sind ja genauso Teil der deutschen Wirtschaft. “Der Mann war für mich erledigt”, sagt Helene später über dieses Erlebnis.

1922/23

Gebäude der Disconto Gesellschaft, 1930.

Das Spandauer Lyzeum muss Helene 1922 aus Geldmangel wieder verlassen, bevor sie einen Abschluss erlangen kann. Sie absolviert höhere Handelskurse an der Victoria-Fachschule und ist dann bei einer Bank, der Disconto-Gesellschaft, tätig. Besonders zufrieden ist sie mit ihrer beruflichen Laufbahn nicht, aber sie kann dadurch ihre Mutter finanziell unterstützen. Helene erlebt den “Hitler-Putsch” mit. Es war eine “unerhörte Attacke auf unsere Demokratie”, sagt sie später. “Ich habe damals schon erkannt, dass Hitler ein Zerstörer meiner Welt war, denn für mich war diese Republik mein Vaterland, das wollte ich so erhalten.”

Der Hitler-Putsch

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Soldaten bei der Verhaftung von Stadträten, 1923.

Beim sogenannten Hitler-Putsch (auch: Hitler-Ludendorff-Putsch oder Bürgerbräu-Putsch) am 8. und 9. November 1923 versuchte Adolf Hitler gemeinsam mit seinen Anhänger:innen, zum ersten Mal die politische Macht in Deutschland zu erlangen. Sein Ziel war es, die demokratisch gewählte Regierung der Weimarer Republik zu stürzen und stattdessen eine nationalsozialistische Diktatur zu installieren. Ort des Geschehens war München. Dort hatte Hitler, der bereits zum Vorsitzenden der NSDAP und zum politischen Führer des “Deutschen Kampfbundes” gewählt war, Unterstützer:innen mit rechter Gesinnung hinter sich versammelt.

Am Abend des 8. November stürmten sie eine politische Versammlung des bayerischen Generalstaatskommissar Otto von Kahr im Münchner Bürgerbräukeller, mit der Absicht, die Anwesenden auf die Seite der Putschist:innen zu ziehen. Hitler verschaffte sich mit einem Schuss an die Decke Aufmerksamkeit und verkündete die Absetzung der bayerischen Regierung sowie der Reichsregierung.


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August 1924

Der Verkehrsturm am Potsdamer Platz, Berlin 1927.

Als sie 18 Jahre alt ist, tritt Helene den Dienst als Bürokraft bei dem Patentanwalt Dr. Hermann Barschall an. Helene liebt ihre Arbeit und ist glücklich. “Die folgenden Jahre waren die schönsten meines Lebens”, sagt sie. Barschall ist ein begabter Physiker und Chemiker und ein weltgewandter Mann. Er fördert Helene und schätzt sie bald als eine wichtige Mitarbeiterin. Sie steigt zur Übersetzerin und Büroleiterin auf und wird von Barschall ermutigt, selbst Patentanwältin zu werden. Durch ihn erhält Helene auch Zugang zu einem intellektuellen Kreis. Sie trifft sogar Nobelpreisträger. “Die waren alle was Besonderes, und die haben mich so wie selbstverständlich in ihre Gedanken mit einbezogen und freuten sich über alles, was ich so beitrug, zu unseren Gesprächen”, erinnert sich Helene später.

1931

Technische Hochschule in Charlottenburg, um 1905.

Dr. Barschall ermutigt Helene, ein Studium aufzunehmen. Eigentlich traut sie sich ein Studium gar nicht zu, weil sie sich selbst zu schüchtern findet, aber dann legt sie beim Preußischen Kultusministerium eine Begabtenprüfung für die Studienfächer Mathematik und Naturwissenschaften ab, denn nur so kann sie auf die Universität gelangen. Beim ersten Versuch fällt sie durch, doch beim zweiten Mal klappt es. Sie schreibt sich 1932 an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität ein, später auch an der Technischen Universität in Berlin, und beginnt ein Jurastudium.

30. Januar 1933

Nach seiner Ernennung zum Reichskanzler verlässt Adolf Hitler im Auto die Reichskanzlei.

Helene erlebt die Machtübernahme der Nationalsozialist:innen in Berlin mit. Als sie am Abend von der Arbeit nach Hause kommt, sagt sie zu ihrer Mutter: “Heute habe ich mein Vaterland verloren.” Sie erkennt von Anfang an die Gefahren des Nationalsozialismus, und damit ist sie eher eine Ausnahme in ihrem Freundeskreis. Später erinnert sie sich so an diesen historischen Moment: “Ich war ja fast verzweifelt, man sah es ja kommen. Aber ich dachte, das wird schon noch aufgehalten werden. Und dass man nun diesem Wahnsinnigen das Deutsche Reich (…) das hat man ihm anvertraut, diesem Menschen, der ja alles nur kaputt machen konnte, das war für mich das Entsetzlichste, was passieren konnte.”


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1933

Durch das Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wurde bereits ab 1933 ein Teil der jüdischen Juristen an der Ausübung ihres Berufs gehindert.

Auch Dr. Barschall, der evangelisch getauft ist, den die Nazis aber als Jude einstufen, unterschätzt die Lage. Man müsse jetzt versuchen, damit “irgendwie fertig zu werden”, sagt er nach der nationalsozialistischen Machtübernahme zu Helene. Weil er Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg war, ist er zunächst noch weiter als Anwalt zugelassen und darf seine Kanzlei weiterführen. Einige Jahre später, nachdem die Nationalsozialist:innen die Rechte von Jüdinnen und Juden immer weiter eingeschränkt haben, wächst Helenes Sorge um die Sicherheit der Barschalls.

Eines Tages ruft der bekannte Unternehmer August Thyssen Junior in der Kanzlei von Dr. Barschall an. Er will ihm einen Mandanten schicken, er müsse aber ganz besonders behutsam mit ihm umgehen: Wie sich herausstellt, ist der Mandant der Schwiegervater von Propagandaminister Joseph Goebbels, der Ingenieur Dr. Oskar Ritschel. Er will ein Patent anmelden für eine Erfindung, “eine heikle Sache, es hatte irgendwie eine Kriegsbedeutung”, erinnert sich Helene später.


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1934

Jubelnde Zuschauer beim Empfang des Diplomatischen Korps bei Hitler, Berlin September 1934.

Helene bricht ihr Studium ab. Nach der Machtübernahme merkt sie schnell, dass die Nationalsozialist:innen auch die Universitäten durchdringen. Das will sie nicht mitmachen. Sie sagt später über ihren Entschluss: “1934 gab ich dieses Studium auf, weil mir die durch die Herrschaft des Nationalsozialismus an der Hochschule entstandene Atmosphäre unerträglich war und ich nicht gewillt war, mich daran aktiv oder passiv in irgendeiner Weise zu beteiligen. Unter diesen Voraussetzungen hatte ich auch keine Neigung mehr für den Beruf eines Patentanwalts, dessen pflichtgemäße Erfüllung nach meiner Auffassung der nazistischen Kriegsmaschine dienen musste.”

1935

Helmut Gollwitzer (links) im Gespräch mit dem ehemaligen Berliner Bürgermeister Heinrich Albertz, 1967.

Als Helene 29 Jahre alt ist, stirbt ihre Mutter. Sie zieht nach Berlin-Wilmersdorf in die Bonner Straße 2. In der Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung lebt sie zum ersten Mal alleine. Hier wird sie bis zu ihrem Lebensende bleiben. Nicht allzu weit weg liegt der Berliner Stadtteil Dahlem und die St. Annen-Kirche, in der Gottesdienste der Bekennenden Kirche stattfinden. Helene beginnt, die Gottesdienste und Bibelkreise zu besuchen und wird später dort auch Gemeindemitglied. Es ist besonders die Gemeinschaft mit Menschen, die wie sie den Nationalsozialismus ablehnen, die sie in die Dahlemer Gemeinde zieht. Es sind auch viele Christ:innen jüdischer Herkunft dort. In der Dahlemer Gemeinde sind sie willkommen. In diesen Kreisen lernt sie Menschen kennen, die eine ebenso kritische Haltung zum Nationalsozialismus haben wie sie selbst, darunter die Pfarrer Martin Niemöller und Helmut Gollwitzer, Gertrud Staewen, Franz Kaufmann und Elisabeth Schmitz.


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Die Bekennende Kirche

Die Nationalsozialist:innen verfolgten das Ziel, alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens mit ihrer nationalsozialistischen, totalitären Ideologie zu durchdringen. Selbst kleine Gesangs- oder Sportvereine sollten “gleichgeschaltet” werden und auch die christlichen Kirchen waren vom Versuch der Gleichschaltung bedroht. Bereits um 1930 hatte sich die Glaubensbewegung “Deutsche Christen” herausgebildet, die sich der nationalsozialistischen Ideologie bereitwillig unterordnete. Mit Hitlers Unterstützung gewannen die “Deutschen Christen” bei reichsweiten Kirchenwahlen 1933 wichtige Kirchenämter.

Als die Kirchen dann den sogenannten “Arierparagraphen” anerkennen sollten, durch den Christ:innen jüdischer Herkunft aus der Kirche ausgeschlossen werden sollten, kam es zum Bruch. Teile der evangelischen Kirche lehnten den “Arierparagraphen” ab, da er mit dem christlichen Glaubensbekenntnis unvereinbar sei. In der Folge wurde von einigen Berliner Pfarrern, darunter Martin Niemöller und Dietrich Bonhoeffer, im September 1933 der Pfarrernotbund gegründet. Es bildeten sich mehrere Bekenntnisgemeinden. Im Mai 1934 konstituierte sich dann die Bekennende Kirche, die sich als rechtmäßige, evangelische Kirche in Deutschland verstand. Der Schweizer Karl Barth hatte mit der “Barmer Erklärung” das theologische Fundament gelegt.

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Kirchenwahl, Wahlpropaganda der Deutschen Christen, Berlin 23.07.1933.

Aber auch innerhalb der Bekennenden Kirche gab es keine Einigkeit. Während ein moderater Flügel Kompromisse mit dem NS-Staat suchte, kam das für den kritischen, radikalen Flügel nicht in Frage. Die Theologin und Lehrerin Elisabeth Schmitz forderte die Bekennende Kirche 1935 in einer anonymen Denkschrift “Zur Lage der deutschen Nichtarier” dazu auf, öffentlich Stellung zur Verfolgung von Jüdinnen und Juden zu nehmen. Doch diese blieb aus. Obwohl sich die Bekennende Kirche nicht als politische Oppositionspartei oder ähnliches verstand, wurde von den Nationalsozialist:innen zum Feind des Regimes erklärt, wer sich ihrer Ideologie entgegenstellte. Zahlreiche Pfarrer und andere Angehörige der Bekennenden Kirche wurden verwarnt, erhielten Redeverbote oder wurden inhaftiert. Prominente Angehörige wie Paul Schneider, der später „Prediger von Buchenwald” genannt wurde, oder Dietrich Bonhoeffer wurden deportiert und ermordet.

Die Novemberpogrome

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Alte Synagoge in Aachen nach der Zerstörung, 1938.

In den Tagen und Nächten um den 9. November 1938 verübten Menschen im ganzen Deutschen Reich Terrorakte gegen Jüdinnen und Juden, gegen ihre Synagogen, Wohnungen und Geschäfte. Rund 30.000 Jüdinnen und Juden wurden verhaftet, viele von ihnen in Konzentrationslager verschleppt, rund 400 ermordet oder in den Suizid getrieben. Viele Jüdinnen und Juden erkannten jetzt, dass sie mit dem Leben bedroht waren und versuchten, aus Deutschland zu emigrieren. Der nationalsozialistische Terror war so massiv, dass in den Novemberpogromen im Rückblick der Übergang von Diskriminierungen zur systematischen Verfolgung von Jüdinnen und Juden gesehen wird.

9. November 1938

Jüdische Männer bei ihrer Verhaftung im Kontext der Novemberpogrome, Stadthagen 1938.

Ein junger Mann klopft an die Tür einer kleinen Villa in Berlin-Nikolassee. Es ist das Zuhause der Familie Barschall, wo Dr. Hermann Barschall gerade gemeinsam mit Helene damit beschäftigt ist, die letzten Geschäfte seiner Kanzlei abzuwickeln. Der November 1938 ist der letzte Monat, in dem er noch als Patentanwalt zugelassen ist – zum 1. Dezember 1938 wird die Zulassung gelöscht. Sein Status als Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs schützt ihn jetzt nicht mehr. Er ist gezwungen, seine erfolgreiche Kanzlei an einen “Arier” abzugeben. Der junge Mann will dringend mit Barschall sprechen, angeblich wegen einer Devisenkontrolle. Barschalls Frau Elise und Helene erkennen gleich, dass der Mann ein Polizist in Zivilkleidung ist und befürchten, dass Barschall verhaftet werden soll. Die beiden reagieren geistesgegenwärtig. Helene sagt dem Polizisten, er sei nicht zu Hause. Der junge Mann ist verärgert und verlangt, Barschall soll sich sofort im Polizeirevier in Nikolassee melden. Doch er zieht ab. Unterdessen hat Barschall, der natürlich doch zu Hause war, das Haus verlassen und taucht für einige Tage bei Freund:innen unter. Er erkennt jetzt, wie so viele andere Jüdinnen und Juden während der Novemberpogrome, dass er die Situation nicht mehr schönreden kann und wie ernst die Lage tatsächlich ist. Er ist sehr besorgt und setzt jetzt alles daran, um mit seiner Frau aus Deutschland emigrieren zu können.

16. November 1938

Portrait auf der Gedenktafel am Geburtshaus von Elisabeth Schmitz in Hanau.

Auch auf die Dahlemer Gemeinde haben die Novemberpogrome unmittelbare Auswirkungen. Einige “nichtarische” Gemeindemitglieder sind verhaftet worden. Der Gemeindepfarrer Helmut Gollwitzer findet in seiner Predigt am 16. November deutliche Worte. So deutlich, wie sich Gollwitzer gegen den Nationalsozialismus positioniert, wollen das viele Pfarrer in Deutschland nicht – oder sie trauen es sich nicht. Gemeindemitglied Elisabeth Schmitz schreibt Gollwitzer einige Tage nach seiner Predigt begeistert: “So, und nur so kann und darf man nach dem, was geschehen ist, eine christliche Gemeinde in Deutschland zusammen sein.”

Aufgebracht von den Ereignissen der Novemberpogrome schreibt Elisabeth weiter: “Als wir zum 1. April 1933 schwiegen, als wir schwiegen zu den Stürmerkästen, zu der satanischen Hetze der Presse, zur Vergiftung der Seele des Volkes und der Jugend, zur Zerstörung der Existenzen und der Ehen durch sogenannte ‘Gesetze’, zu den Methoden von Buchenwald – da und tausendmal sonst sind wir schuldig geworden am 10. November 1938. Und nun? Es scheint, dass die Kirche auch dieses Mal, wo ja nun wirklich die Steine schreien, es der Einsicht und dem Mut des einzelnen Pfarrers überlässt, ob er etwas sagen will, und was.”

Augenzeugenbericht von
Harry Richard Loewenberg

Harry Richard Loewenberg, Gemeindemitglied, selbst betroffen von der Verfolgungswelle und seit Tagen auf der Flucht, besuchte am 16. November 1938 den Gottesdienst von Helmut Gollwitzer. Sein Bericht über dieses Ereignis macht deutlich, wie wichtig es für die Betroffenen war, sich weiterhin als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen. Denn die Nationalsozialist:innen verfolgten gewaltsam das Ziel, Jüdinnen und Juden gesellschaftlich zu isolieren und wollten sie glauben machen, überall in Deutschland ungewollt zu sein. Loewenberg berichtete über dieses Ereignis so: “An jenem Bußtagsmorgen ging ich nach dem Frühstück nach Dahlem. In dem überfüllten Gemeindesaal hielt Pastor Gollwitzer Gottesdienst. Ich fand keinen Sitzplatz mehr und musste in der Vorhalle stehen. Eine schwere, gedrückte Stimmung lastete auf der Gemeinde. Diese Tage ausbrechender Bestialität hatten – für viele wohl zum ersten Mal in dieser Deutlichkeit – das wahre Gesicht des Nazitums enthüllt. Pastor Gollwitzer gab den Gedanken, die mich an diesem dunklen Bußtag bewegten, in meisterhafter Weise Ausdruck. Ich habe später diese Predigt, die zu den besten gehört, die ich je vernommen habe, oftmals gelesen und ich empfand es als ein großes Erlebnis, dass dieser Mann unerschütterlich die Worte sprach. die der Gemeinde an diesem Tage gesagt werden mussten, – oftmals mit allzu deutlicher Bezugnahme auf die Judenverfolgungen … Aber es tat mir unendlich wohl zu wissen, dass es doch noch Menschen gab, denen ich mich zugehörig rechnen durfte, selbst in dieser Zeit, da ich zu denen gehörte, die mit allen Mitteln grausamster Brutalität aus dem Volke ausgespien wurden.”

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Harry und Stephanie Loewenberg mit Sohn Peter Christian und Tochter Barbara
vor dem ehemaligen Haus der Familie im Pilzwald, Kleinmachnow, Mitte der 1930er Jahre.

November 1938

Hildegard Schaeder im Jahr 1940.

Die Fürsorge für die Gemeindemitglieder jüdischer Herkunft soll sich jetzt intensivieren. Hildegard Schaeder, die für Helene zu einer Freundin wird, schlägt einen Besuchsdienst vor, um für die Menschen da zu sein, die die Nationalsozialist:innen mit Gewalt aus der Gesellschaft ausstoßen wollen. Der Besuchsdienst entwickelt sich in den kommenden Jahren zu einer Institution in Berlin Dahlem. Auch noch nach 1941, als die Nazis sogar freundschaftlichen Kontakt zwischen “Ariern” und “Nichtariern” verboten haben, dürfen “Nichtarier” an den Gottesdiensten und am Gemeindeleben teilhaben.

Juli 1939

Menschen drängen sich wenige Wochen nach den Novemberpogromen vor einem Reisebüro, Berlin 1939.

Elise und Hermann Barschall wollen in die USA auswandern. Dafür benötigt man einen “Affidavit”. Das ist jemand, der schon in den USA lebt und sich für den Charakter der Einwandernden verbürgt. Zum Glück ist bereits der Sohn der Barschalls in den USA, er studiert an der Universität Princeton. Doch das Problem ist, dass jedes Jahr nur eine gewisse Anzahl an Immigrant:innen in das Land gelassen wird, bis die Einwanderungsquote erfüllt ist. Das bedeutet für die Barschalls, dass sie die Zeit bis zur Auswanderung überbrücken müssen. Helene hilft der Familie, wo sie kann. Sie reist mehrfach nach England, in die Schweiz und in die Niederlande, um eine temporäre Unterkunft für die Familie zu organisieren. Das ist gar nicht so einfach, sie wird oft abgelehnt. Einmal bietet man ihr in London sogar einen Job an, aber sie will die Barschalls in Berlin nicht alleine lassen und lehnt ab. Dann schaffen sie es doch, und die Barschalls können im Juli 1939 über die Niederlande und England zu ihrem Sohn in die USA auswandern. In Amsterdam nehmen Helene und die Barschalls voneinander Abschied.

Herbst 1939

Porträt Helene Jacobs 1936.

Zurück in Berlin fühlt sich Helene nach der Flucht von Elise und Hermann Barschall sehr einsam. Auch von ihrem Bruder hat sie sich entfremdet, weil er kein Verständnis für ihre politische Meinung hat. “Der hat versucht, mich davon abzubringen. Angeblich um seine Familie zu schützen. Das ist ein Kapitel, das mir nicht lieb ist”, sagt Helene später über das Verhältnis zu ihrem Bruder in dieser Zeit. Rückhalt und Gemeinschaft findet die Alleinstehende bei ihrer Tante Lieschen, sie ist die Schwester ihrer verstorbenen Mutter, und bei den Mitgliedern der Dahlemer Gemeinde. Ausgerechnet hier trifft sie auf einen Mann, mit dem sie sich auf eine kurze Affäre einlässt – doch er ist verheiratet und die Affäre wird in der Gemeinde bekannt. Helene ist verzweifelt und geplagt von schweren Schuldgefühlen. Sie überlegt, die Gemeinde zu verlassen und erwägt sogar ernsthaft, Diakonisse zu werden. Ihrem Seelsorger Helmut Gollwitzer vertraut sie an: “Mein Leben ist so erstaunlich frei von solchen Bindungen, wie fast jeder Mensch sie hat. Einen Beruf habe ich nicht. Eine Familie erst recht nicht (…) Als ich endlich einmal versuchen wollte, mich in das Dahlemer Gemeindeleben einzubauen, habe ich mich sofort darauf dort so unmöglich gemacht, wie es nur irgend ging.”

Januar 1940

Auszug aus einem Ahnenpass ("Ariernachweis").

Auch beruflich ist es eine Zeit der Neuorientierung für Helene. Der neue Eigentümer der Kanzlei will Helene übernehmen, aber sie lehnt ab. Darum muss sie sich eine neue Arbeit suchen. Wenn sie sich bewirbt, wird sie nach ihrer “arischen Abstammung” gefragt. Helene macht das wütend. Sie sagt den Arbeitgebern dann, sie wisse nicht, was das sein soll. Sie will dann lieber nicht bei diesen Arbeitgebern anfangen. Schließlich kauft sie sich eine Schreibmaschine und bietet ihre Dienste als Selbstständige an. In der Kanzlei von Dr. Barschall hat sie viel gelernt und berufliche Kontakte geknüpft und hat deshalb keine Schwierigkeiten, Aufträge zu erhalten. So ist sie u. a. für die Diwag Chemische Fabriken AG in Berlin-Waidmannslust tätig, die zuvor von Barschalls Kanzlei in Patentangelegenheiten betreut wurde. Ihre Honorare sind bescheiden, sie braucht nicht viel Geld für sich selbst. Wichtiger als das Geld ist ihr, dass sie Zeit hat – für den Besuchsdienst und andere Hilfeleistungen für Jüdinnen und Juden, die sich Ende 1940 intensivieren werden.

1940

Porträt von Gertrud Staewen.

Helene besucht die von Pfarrer Gollwitzer gegründete “dogmatische Arbeitsgemeinschaft”, in der theologische Schriften von Karl Barth gelesen werden. Neben Helene sind noch Hildegard Schaeder (die nach Gollwitzers Ausweisung aus Berlin im September 1940 die Leitung der Gruppe übernimmt), Gertrud Staewen, Elisabeth Schmitz, Georg Hamburger und Franz Kaufmann in der Gruppe. Aber nicht nur das Interesse an der Theologie verbindet die Gruppe, sondern auch der Wunsch, Jüdinnen und Juden zu helfen – für Helene ist Zweiteres im Vordergrund, und auch der menschliche Kontakt. Besonders Gertrud Staewen und Franz Kaufmann werden für Helene bald zu wichtigen Bezugspersonen in ihrem Leben. Durch die Freundschaft zu der einige Jahre älteren, erfahrenen Fürsorgerin Gertrud findet Helene schließlich aus ihrer Einsamkeit heraus. Sie sagt: “Diese Art da zu schwelgen in Karl Barths Theologie fiel mir schwer. Warum ich trotzdem da gefesselt war, das waren die beiden Männer (…) Franz Kaufmann und Georg Hamburger, die dort ihre Zuflucht gefunden hatten, ein seelisches Zuhause. Die waren beide aus Gründen der Assimilierung getauft und fanden jetzt einen Trost in der Hinwendung zu (…) Christus, und das war für mich etwas, was mich verpflichtete, da mitzudenken und mitzumachen, weil denen das so viel bedeutete.”

Dr. Franz Kaufmann

Franz_Kaufmann
Franz Kaufmann.

Franz Herbert Kaufmann wurde am 5. Januar 1886 in Berlin geboren. Seine Eltern waren jüdisch, doch Franz und seine Brüder wurden evangelisch getauft. Wie Vater Felix und der ältere Bruder Erich, schlug Franz eine berufliche Laufbahn als Jurist ein. Schon 1914 wurde er zum Kriegsdienst einberufen, wurde Offizier, mehrfach ausgezeichnet, und erlitt Verletzungen an der Lunge, die er bis zum Lebensende nicht ganz auskurieren konnte. Ab 1922 war er in mehreren Berliner Ministerien tätig, zuletzt als Oberregierungsrat im Reichssparkommissariat. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialist:innen bemerkte Franz, vor allem im beruflichen Umfeld, sofort Nachteile aufgrund seiner jüdischen Herkunft.

Nach den Nürnberger Rassegesetzen galt er als “Volljude”. Drei Jahre nach dem frühen Tod seiner ersten Ehefrau Alexa heiratete er 1934 Margot. Im Dezember 1935 wurde er in den “dauerhaften Ruhestand” gezwungen, 1939 wurde seine Pension gekürzt. Franz bemühte sich um die Emigration, doch der Plan der Familie, in die Schweiz auszuwandern, scheiterte. 1940 wurde die Tochter Angelika geboren. Weil seine Frau Margot “deutschblütig” war, galt die Ehe nun als “privilegierte Mischehe”, wodurch sich Franz Status verbesserte und er zunächst vor der Verfolgung geschützt war. 1943 schlossen sich Franz und Margot der Bekennenden Kirche an. In diesen Kreisen erfuhr Franz vom Schicksal anderer, die wie er selbst “nichtarische Christen” waren, und nahm großen Anteil.

Franz nutzte seine früheren beruflichen Kontakte zu den Ministerien, um Verfolgten zu helfen. Als er auf legalem Weg nichts mehr erreichen konnte, suchte er auf illegalen Wegen nach Lösungen und schreckte dabei auch nicht vor organisierten Geschäften auf dem Schwarzmarkt oder der Bestechung von Staatsbeamten zurück. Im Zuge einer Verhaftungswelle wurde Franz Kaufmann am 18. August 1943 verhaftet. Um dem Gericht bei dem Prozess gegen Ernst Hallermann, Helene Jacobs und anderen wegen des Verstoßes gegen die Kriegswirtschaftsverordnung als Zeuge zur Verfügung zu stehen, wurde er noch in Haft belassen. Kurz nach Prozessende wurde seine Ermordung angeordnet. Anzunehmen ist, dass Franz Kaufmann am 17. Februar 1944 erschossen wurde. Der Ort seiner Ermordnung ist nicht mehr belegbar, möglicherweise wurde er noch in das KZ Sachsenhausen deportiert.

Februar 1940

Zu Beginn des Jahres 1940 erreichen die Dahlemer Gemeinde mehr und mehr Hilfegesuche von Menschen, die von der Deportation bedroht sind oder bereits deportiert wurden und aus der Gefangenschaft um Hilfsgüter wie Kleidung, Lebensmittel oder Medikamente bitten. In Dahlem leben viele großbürgerliche, wohlhabende Leute, und so kommen große Spenden für die Verfolgten zusammen. Helene hilft gemeinsam mit anderen Frauen, die Spenden zu sortieren, Pakete zu packen und sie zu verschicken. Für den Versand der Pakete stellt sie auch oft ihre eigene Adresse als Absenderadresse zur Verfügung – doch das wird noch zu einem Problem werden.

22. Oktober 1940

Am 22. Oktober 1940 wurden die badischen und saarpfälzischen Jüdinnen und Juden in das südwestfranzösische Internierungslager Gurs deportiert. Diese erste planmäßige Deportation aus Deutschland erfolgte am helllichten Tag. Lörrach, 1940.

Franz Kaufmann hört von einem Augenzeugen davon, dass am 22. und 23. Oktober 1940 über 6.500 Jüdinnen und Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland in das französische Internierungslager Gurs deportiert wurden (“Wagner-Bürckel-Aktion”). Das erschüttert ihn sehr und motiviert ihn, noch mehr zu helfen. Als Franz Helene von den Massendeportationen erzählt, ist Helene sofort bereit, mitzuhelfen. “Von diesem Tage an arbeitete ich intensiv mit Dr. Franz Kaufmann an Möglichkeiten, in Berlin Menschen, die vom gleichen Schicksal bedroht waren, zu schützen”, sagt Helene später. “Ich wollte auf der Seite der Verfolgten sein”, sagt sie über ihre Beweggründe. Ab jetzt nimmt Franz mehr und mehr die Rolle eines Initiators ein. Zunächst versucht er es mit legalen Mitteln. Er nutzt seine weitreichenden Kontakte, um Informationen zu sammeln und Hilfsmöglichkeiten auszukundschaften.

Dezember 1940

Bronzekopf von Heinrich Grüber auf dem Heinrich-Grüber-Platz in Berlin-Kaulsdorf, 2015.

Das “Büro Pfarrer Grüber”, eine legale Hilfsstelle in erster Linie für evangelische Christ:innen “jüdischer Herkunft”, wird geschlossen. Bis zu 35 Mitarbeiter:innen hatten, vom NS-Regime geduldet, Verfolgte,
z. B. in Fragen der Auswanderung beraten. Doch im Dezember 1940 ist Schluss damit: Pfarrer Heinrich Grüber wird verhaftet und sein Stellvertreter Werner Sylten mit der Abwicklung des Büros beauftragt. Aber die Hilfe für die Verfolgten geht weiter, und daran hat Helene einen großen Anteil. Sie erhält Anfang 1941 von Grübers ehemaliger Sekretärin Inge Jacobson Adressen von Personen, die beim “Büro Pfarrer Grüber” Hilfe gesucht haben. “Meine Vorstellung war, mindestens sollte man sich mal melden und sagen, ich möchte gerne helfen, nicht? Eine freundliche Geste konnte schon was bedeuten”, sagt Helene später. Auch diese Personen besuchen Helene und ihre Mitstreiter:innen.

Helenes Hilfe: Der Besuchsdienst

Helene und andere Helfer:innen besuchen Jüdinnen und Juden in ihren Wohnungen, um ihre Sympathie auszudrücken und Hilfe anzubieten. Es geht ihr darum, Verfolgten, die jetzt vielfach gesellschaftlich ausgegrenzt und vereinsamt leben, menschlichen Beistand zu leisten, Lebensmittelkarten an sie zu verteilen, kleine Geschenke zu machen und nach Möglichkeit Wünsche zu erfüllen, mit denen die Verfolgten an sie herantreten. Es muss viel organisiert werden, und offenbar hat die oft als pragmatisch und tatkräftig beschriebene Helene dafür ein Geschick.

Einmal schreibt Gertrud Staewen an Pfarrer Gollwitz in einem Brief über Helene: “Mit der Jacobs ist einfach ein fabelhaftes Arbeiten möglich. So was Sachliches, Nüchternes, gut zu organisieren Verstehendes wie dieses Frauenzimmer ist! Und zwar hat sich das so ergeben, dass wir Hand in Hand arbeiten in eben der Angelegenheit (…) Es sind sehr viele Leute zu besuchen und da eben hilft Jacobs, ganz passende Leute unseres Schlages zu orientieren für die Besuche.”

Auf diese Weise trifft Helene auf verschiedene Menschen. Viele von ihnen sind einsam und verzweifelt. Eine Frau wünscht sich von Helene, dass sie einen verschlossenen Schrankkoffer für sie aufbewahrt. Die Frau sagt ihr, darin sei die Aussteuer für ihre Nichte. Den Schlüssel nimmt die Frau mit auf ihren Weg, der sie nach Theresienstadt führt. Sie kehrt niemals zurück. Zu viele kann Helene nicht retten, und damit hadert sie ihr Leben lang. Manche sehen keinen anderen Ausweg als den Suizid. Den Journalisten Nast, der ihr einige Nachmittage lang aus seinen humorvollen Texten vorliest, darunter eine Glosse über den Handkuss, findet sie eines Tages tot auf. Andere werden verhaftet oder gezwungen, sich an Sammelstellen einzufinden, von wo aus sie deportiert werden.

Der kleine Klaus Ascher

Den zehnjährigen Klaus Ascher begleitet Helene sogar auf seinem schweren Weg zur Sammelstelle in der Großen Hamburger Straße. Helene hatte Klaus getroffen, weil seine Mutter einen Wunsch an Helene hatte: Er sollte noch einmal einen schönen Tag erleben, draußen, außerhalb ihrer mit einem Stern zwangsgekennzeichneten Wohnung.

Als Helene morgens an ihre Tür klopft, hat die Mutter so große Angst, dass sie sie fast nicht hineinlassen will. Doch dann nimmt Helene Klaus mit zur Berliner Pfaueninsel, wo der Junge über die Pfaue und das schöne Schloss mit dem großen Garten staunt. Auf diese Weise kann Helene Klaus und vielen anderen einige schöne Stunden schenken. Doch sie macht sich ihr Leben lang Vorwürfe, weil sie kein dauerhaftes Versteck für Klaus finden konnte. In ihrer eigenen Wohnung wäre es für Klaus zu gefährlich gewesen.

Anfang 1941

Die Gestapo ist auf Helene aufmerksam geworden, weil mittlerweile so viele Pakete unter ihrem Namen verschickt wurden. Das ist aufgefallen, weil bei der Zollstation immer der Name des Absenders eingetragen werden muss, wenn ein Paket abgeschickt wird. Helene wird von der Gestapo vorgeladen und dazu befragt. Helene argumentiert, dass sie nur hungernden Menschen helfen wollte. Zum Glück hat das Verhör keine weiteren Folgen für Helene, aber die Frauen der Dahlemer Gemeinde müssen mit der Paketaktion aufhören. Später wird Helene nochmals gewarnt, dass die Gestapo einige Frauen in Dahlem verdächtigt, “mit Juden umzugehen”. Doch es passiert erst einmal nichts weiter und Helene lässt sich davon nicht abschrecken.

18. September 1941

Blick auf das umzäunte Gelände des Ghetto Lodz, 1940. Schilder weisen darauf hin, dass das Betreten verboten ist.

Die systematische Ermordung von Jüdinnen und Juden ist längst beschlossene Sache. Am 18. September 1941 informiert Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei Heinrich Himmler den Gauleiter des annektierten “Warthelands” (im heutigen Polen) Arthur Greiser darüber, dass Hitler die Anweisung gegeben hat, zunächst 60.000 Jüdinnen und Juden aus dem “Altreich”, Österreich und dem “Protektorat Böhmen und Mähren” noch im Laufe des Jahres “in die “Ostgebiete” zu transportieren. Er schreibt ihm: “Lieber Parteigenosse Greiser! Der Führer wünscht, dass möglichst bald das Altreich und das Protektorat von Westen nach dem Osten von Juden geleert und befreit werden.” Himmler hat auch schon einen Plan gefasst, wohin die Jüdinnen und Juden deportiert werden sollen: In das Ghetto Lodz (Litzmannstadt). Lange dauert es nicht, bis Hitlers Anweisung in die Tat umgesetzt wird. In Berlin ist es im folgenden Monat schon soweit.

18. Oktober 1941

Detail des Mahnmals “Gleis 17” am Bahnhof Grunewald.

Propagandaminister und Gauleiter von Berlin Joseph Goebbels notiert nach einer Besprechung mit Hitler in sein Tagebuch, dass Berlin nun “judenfrei gemacht werden soll”. Wenige Tage zuvor, am 18. Oktober 1941, beginnen die systematischen Massendeportationen aus Berlin, als der erste der sogenannten “Sonderzüge” den Bahnhof Grunewald mit 1.251 Jüdinnen und Juden verlässt. Als Helene davon erfährt, überlegen sie und Gertrud Staewen sogar, die Deportierten aus Solidarität zu begleiten. Aber das ist völlig unmöglich. So genau wissen sie auch gar nicht, was mit den Jüdinnen und Juden “im Osten” passiert. Sie denken, dass sie dort unter unmenschlichen Bedingungen untergebracht werden. Aber von der Existenz von Ghettos und Vernichtungslagern erfahren sie erst später. Pfarrer Gollwitzer schreibt unterdessen einen Abschiedsbrief an die “nichtarischen” Gemeindemitglieder.

Anfang 1942

Stolperstein für den Pfarrer Adolf Freudenberg in Berlin.

Nach etwa einem Jahr, in dem sich Franz Kaufmann auf legalem Weg um den Schutz für Verfolgte bemüht hat, merkt er deutlich, dass er an Grenzen gestoßen ist. Hilfe für Jüdinnen und Juden kann jetzt nur noch über illegale Wege erreicht werden. Das Hilfsnetzwerk beginnt damit, für Jüdinnen und Juden, die sich für das Leben in der Illegalität entschieden haben, Verstecke, Lebensmittelkarten und gefälschte Ausweispapiere zu organisieren. Franz schafft es, immer mehr Kontakte zu knüpfen, auch zu Schwarzmarkthändler:innen und Kleinkriminellen, die u. a. gegen Bezahlung illegal Lebensmittelkarten oder Ausweispapiere beschaffen können. Häufig hat er selbst keinen direkten Kontakt zu Personen aus kriminellen Milieus, sondern ist auf Vermittler:innen angewiesen. Franz hat aber auch Kontakte zu den Bekenntnisgemeinden, aus denen wichtige Spendengelder kommen, wie etwa von dem Pfarrer Adolf Freudenberg, der dem Hilfsnetzwerk seine Pension zur Verfügung stellt. So wächst das Hilfsnetzwerk immer weiter.


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Helenes Hilfe: Verstecke für
Jüdinnen und Juden

Eines Tages hört Helene von einem “U-Boot”. Damit ist aber kein Unterwasserfahrzeug gemeint, sondern ein Mensch, der sich vor der nationalsozialistischen Verfolgung illegal versteckt. In der Praxis ist das Verstecken überaus schwierig, risikoreich und für alle Beteiligten belastend. Das beginnt bei der Größe ihrer Wohnung: Zweieinhalb Zimmer, die sie nicht vollstopfen kann, mit Menschen. Immer schweben die Versteckten und sie selbst in der Gefahr, dass eine Nachbarin oder jemand anderes sie entdecken könnte. Aus diesem Grund bleiben die Verfolgten meistens nur für kurze Zeit. Manche nur eine Nacht, manche ein paar Tage oder ein paar Wochen. Helene ist immer sehr vorsichtig. Sie möchte lieber so wenig wie möglich von den Verfolgten erfahren. Von vielen kennt sie deshalb nicht einmal den Namen. Oft tut sie so, als sei sie ein besonders ängstlicher Mensch, damit man ihr nicht zu viel erzählt.

Bei ihren zwei Nachbarinnen gilt sie als „Sonderling“, sagt Helene, “mit Absicht”. Nicht einmal ihrer Tante Lieschen erzählt sie, was sie tut. Das macht sie, um alle Beteiligten so gut es geht zu schützen. Einige Male erlebt sie, dass jemand Fremdes vor ihrer Tür steht. Es könnte jemand sein, der bei ihr Schutz sucht. Aber das ist eher unwahrscheinlich, denn sie macht immer aus, dass sie vorher angerufen wird. Wenn sie glaubt, dass es jemand von der Gestapo ist, verhält sie sich ganz ruhig und macht die Türe nicht auf. Jedes Mal hat sie Glück, und die unbekannten Männer gehen wieder weg.

Helene belässt es aber nicht dabei, Verfolgten ein Versteck in ihrer Wohnung anzubieten, sondern sie versucht auch immer, die nächsten Unterkünfte für sie zu organisieren. Sie hat ein besonderes Talent, das man heute „netzwerken“ nennen würde. Sie ist geschickt darin, Menschen anzusprechen und für sich zu gewinnen – aber sie spürt auch, wenn es besser ist, jemanden nicht ins Vertrauen zu ziehen. Dieses Talent wird besonders hilfreich, wenn es darum geht, weitere Helfer:innen zu finden. “Also wenn man Menschen hatte, zu denen man Vertrauen hatte, konnte man im Grund genommen alle, die sich zu der Illegalität entschlossen hatten, immer weiterreichen”, sagt Helene später. “Man musste ja dann eine Kette haben von Menschen, und die hatten wir zum Teil auch.”

April 1942

Als sich die Gemeinde im April 1942 von ihrem beliebten Gemeindemitglied Else Kayser verabschieden muss, geschieht das nicht ohne Worte und Anteilnahme. Sie wird am Vorabend ihrer Deportation in einem gemeinsamen Abendmahl verabschiedet. Else Kayser stirbt sechs Wochen später im Warschauer Ghetto.

Sommer 1942

Franz übergibt den ersten gefälschten Pass im Juli oder August 1942 an Beate Steckhan, kurz vor ihrem Deportationstermin. Unter dem Namen “Edith Juckeling” gelingt es ihr, in die Illegalität abzutauchen. Das Netzwerk wächst in der zweiten Jahreshälfte 1942 rasant an. Franz schafft es, immer mehr Kontakte zu knüpfen und ist am Ende maßgeblich daran beteiligt, das größte Hilfsnetzwerk Deutschlands auf die Beine zu stellen. Am Ende sind rund 400 Personen am Netzwerk beteiligt, doch das birgt große Gefahren. Niemand hat mehr einen Gesamtüberblick auf die beteiligten Helfer:innen, auch Franz nicht. “Der Kaufmann hat zu viel organisiert”, sagt Helene später. Helene ist in dieser Hinsicht sowieso vorsichtig, niemals lässt sie sich auf einen Kontakt ein, dem sie nicht vertraut. So bleibt sie bis zum Schluss vor allem mit Gertrud Staewen und Hildegard Schaeder verbunden, denen sie vertraut.

Dezember 1942

Cioma Schönhaus.

Cioma Schönhaus, ein begabter Zeichner und als Jude selbst von der Verfolgung bedroht, wird eines Tages gefragt: “Du Schönhaus, du warst doch mal an der Kunstgewerbeschule (…) Kannst du einen Stempel nachmachen?” Er kann. Und zwar so gut, dass er als Passfälscher unter dem Tarnnamen “Günter Rogoff” zu einem wichtigen Bestandteil des Hilfsnetzwerks wird. Spätestens seit Dezember 1942 ist er regelmäßig für Franz Kaufmann tätig. Die Ausweispapiere kommen zum Teil vom Schwarzmarkt, zum Teil werden sie von Menschen gespendet, die sie in den Opferstock der Bekenntnisgemeinden werfen. “Das war natürlich viel wertvoller als Geld”, erinnert sich Cioma später. Die Leute haben ihre Ausweise dann einfach als verloren gemeldet. Das war nicht strafbar. Ciomas Aufgabe ist es dann, die Passfotos von den Verfolgten in die Ausweispapiere einzufügen und den Stempel auf den Fotos nachzuzeichnen.

Cioma Schönhaus

Samson “Cioma” Schönhaus wurde am 28. September 1922 in Berlin geboren. Seine Eltern Boris und Fanja waren russische Emigrant:innen jüdischen Glaubens. “Ich habe eine wunderbare Mutter gehabt, die mich unter allen Umständen zu einem selbstbewussten Jungen erziehen wollte”, erinnerte sich Cioma später. 1938 besuchte er eine Mode- und Zeichenschule, auf der sein Talent für das Zeichnen entdeckt und gefördert wurde. Im folgenden Jahr wurde die jüdische Schule geschlossen. Das jüdische Arbeitsamt vermittelte ihn an die Uniformschneiderei Anton Erdmann. Als er dort ankam, sagte Erdmann zu ihm: “Mensch, Sie sehen ja gar nicht jüdisch aus. Ich beschäftige Sie in der arischen Abteilung, und Sie sind mir direkt unterstellt. Und Sie heißen Günther. Fertig, Schluss!” Später vermittelte Erdmann ihn an einen “kriegswichtigen Betrieb”, eine Fabrik, die Maschinengewehre herstellte, wodurch er zunächst vor der Deportation geschützt war. 1940 wurde der Vater auf einem Schwarzmarkt verhaftet, als er illegal Butter für die Familie beschaffen wollte. 1942 wurden die Eltern deportiert und im Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek ermordet. Cioma blieb alleine in Berlin zurück.

Spätestens ab Dezember 1942 wurde er als Passfälscher unter dem Tarnnamen “Günter Rogoff” Teil des Hilfsnetzwerks um Franz Kaufmann. Für seine Arbeit erhielt er Lebensmittelkarten und konnte sich so über Wasser halten. Lange war er selbst mit einem echten Ausweis unterwegs, der ihn als den Weißrussen Peter Petrov ausgab. So konnte er sich lange noch vergleichsweise sicher in Berlin bewegen – bis er den Ausweis verlor und untertauchen musste. Im Juni 1943 kam er bei Helene Jacobs illegal unter, mit der sich eine enge Freundschaft entwickelte. Kurz nach Helenes Verhaftung im August 1943 verließ er Berlin auf einem Fahrrad – mit selbst gefälschten Papieren, die ihn als Wehrmachtssoldat ausgaben. Vier Wochen später erreichte er die Schweizer Grenze und war dort in Sicherheit vor der nationalsozialistischen Verfolgung. In Basel absolvierte er eine Ausbildung zum Grafiker und arbeitete erfolgreich in diesem Beruf. Er bekam vier Söhne. Cioma Schönhaus starb am 22. September 2015, wenige Tage vor seinem 93. Geburtstag in der Schweiz.

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Von Cioma Schönhaus gefälschte Kennkarte für den jüdischen Arzt Kurt Hirschfeld.

Anfang 1943

Skizze von Helene Jacobs, angefertigt von Cioma Schönhaus.

“Ich mache Sie nun mit meiner wichtigsten Helferin bekannt”, sagt Franz Kaufmann eines Tages zu Cioma Schönhaus. Am nächsten Morgen um 10 Uhr trifft er am U-Bahnhof Breitenbachplatz auf Helene. Seinen ersten Eindruck von Helene beschreibt Cioma später so: “Sie ist zierlich. Beim Gehen zeigen ihre Fußspitzen wie bei einer Balletttänzerin nach außen. Ihre Gesichtshaut ist unrein. Ihre blonden Haare sind strähnig. Ihre Kleidung ist vollkommen unmodisch. Aber ihre klugen Augen blicken mich groß und vertrauensvoll an. Selbstbewusst beginnt sie, mir Fragen zu stellen.” Später sagt er über Helene: “Ihr Äußeres entsprach einer Tarnkappe. Sie wirkte auf den ersten Blick wie die Unschuld vom Lande. Aber sie wusste sich dieser Tarnkappe hervorragend zu bedienen.”

1. März 1943

Helene ist in Begleitung der 71-jährigen Fanny Friedel in der S-Bahn von Berlin nach Erkner unterwegs. Ihr Ziel ist das Haus “Gottesschutz”, ein protestantisches Mädchenheim, wo Fanny als Hausangestellte arbeiten soll. In Wirklichkeit heißt Fanny mit Nachnamen Warburg, und sie ist eine Sängerin und Pianistin. Sie stammt aus einer sehr wohlhabenden und prominenten Hamburger Bankiersfamilie – einer jüdischen Bankiersfamilie. Drei Tage vor ihrer geplanten Emigration in die USA, Reichsfluchtsteuer und Judenvermögensabgabe sind schon bezahlt, wird ihr Pass mit dem gültigen Visum von der Gestapo eingezogen und sie damit an der Ausreise gehindert. Als ihr im Januar 1942 die Deportation bevorsteht, täuscht sie ihren Selbstmord vor und geht in die Illegalität. Sie verbringt die nächsten eineinhalb Jahre in 25 verschiedenen Verstecken, bis Helene ein dauerhaftes Versteck für sie findet. Im Haus “Gottesschutz” überlebt sie, unter falscher Identität, die nationalsozialistische Verfolgung.

18. April 1943

Propagandaminister und Gauleiter von Berlin Joseph Goebbels rühmt sich in seinem Tagebuch selbst: “Ich bin der Überzeugung, dass ich mit der Befreiung Berlins von den Juden eine meiner größten politischen Leistungen vollbracht habe.” In Wahrheit leben zu diesem Zeitpunkt noch mehrere tausend Jüdinnen und Juden versteckt in Berlin.

13. Juni 1943

Einer der Juden, die sich im Sommer 1943 illegal in Berlin verstecken, ist Cioma Schönhaus. Am 13. Juni 1943 nimmt ihn Helene illegal bei sich auf. Ein großes Risiko, denn Ciomas Steckbrief hängt zu dieser Zeit in jeder Berliner Polizeiwache. In Helenes Wohnung, die “eine einzige Bibliothek” ist, wie Cioma sagt, fälscht er weiter Ausweise. Die beiden verbindet schon bald eine enge Freundschaft. Nicht einmal ihrer Tante Lieschen hat Helene erzählt, dass sie Jüdinnen und Juden in ihrer Wohnung versteckt. Aber sie ahnt es wohl. Als die Tante eines Tages zu Besuch kommt, während Cioma bei ihr in der Wohnung ist, bindet Helene Cioma kurzerhand eine weiße Schürze um und sagt der Tante, sie habe hier jetzt einen Koch. Die Tante, die immer in Sorge ist, ob Helene genug isst, entgegnet nur, „das ist aber schön” und fragt nicht weiter nach. Tante Lieschen und Cioma freunden sich am Ende sogar an.

7. August 1943

Lotte Blumenfeld wird am 7. August 1943 denunziert.

Am 7. August 1943 geht bei der Berliner Gestapo eine Mitteilung ein. Es ist die Denunziation von Lotte Blumenfeld, einer jüdischen Frau, die in der Illegalität in Berlin lebt. Die Denunziantin (ihr Name ist schwer zu lesen, sie wird als “Ilse Schüler” von der Gestapo geführt) hat sie als eine ehemalige Nachbarin, die früher “immer frech und hochnäsig” gewesen sei, erkannt. Sie teilt der Gestapo mit, unter welcher Adresse sie sich versteckt und dass sie “ohne Stern geht”. Die Mitteilung zeugt von offensichtlichem Judenhass und Missgunst. Die Denunziantin schreibt: “Sowas muss doch sofort unterbunden werden, schicken Sie mal gleich früh so um 7 Uhr einen Beamten und lassen Sie dieses Weib abholen.”

12. August 1943

Litfaßsäule mit Richtlinien und Hinweisen für das Verhalten bei Luftangriffen, August 1943.

Die Berliner Gestapo handelt und nimmt Lotte Blumenfeld fünf Tage später fest. Damit wird eine ganze Verhaftungswelle in Gang gesetzt, denn immer mehr Personen, die in dem mittlerweile sehr weitreichenden Hilfsnetzwerk tätig sind, werden in den nun folgenden Verhören namentlich genannt, belastet und verhaftet. Lotte Blumenfeld hatte einen gefälschten slowakischen Pass von dem Polizeiwachtmeister Hugo Zieglowski erhalten, der ihn wiederum von einem Mittelsmann, Leon Blum, erhalten hatte, der ihn wiederum von Franz Kaufmann hatte. Die Gestapo will unbedingt den Aufenthaltsort von Franz erfahren, aber er ist schon gewarnt worden und untergetaucht. Im Zuge der “Sippenhaft” werden Franz’ Ehefrau Margot und die Tochter Angelika verhaftet, die sich gerade wegen der Bombengefahr in einem Ostseebad befinden.

17. August 1943

Lebensmittelkarte “Reichsfettkarte” für Jugendliche.

Ernst Hallermann, der auch zum Hilfsnetzwerk gehört, betritt Franz Kaufmanns Wohnung. Er soll, während Franz untergetaucht ist, beim Portier die Bezugsscheine für seine Lebensmittelkarten holen. Doch die Wohnung wird von der Gestapo beobachtet und Ernst wird festgenommen. Er ist Helene wohl nicht so sympathisch. Sie sagt über ihn, er sei ihr wegen seiner großspurigen Reden suspekt gewesen. Ernst gesteht schnell und lässt sich dann von der Gestapo dazu instrumentalisieren, Helene eine Falle zu stellen, um Franz‘ Aufenthaltsort zu erfahren. Er ruft Helene aus der Haft an und lügt ihr vor, dass er eine wichtige Nachricht für Franz habe, ob er sie treffen könne?

17. August 1943, 18 Uhr

Bahnhof Feuerbachstraße und Güterbahnhof Steglitz, 1987.

Ernst Hallermann und Helene treffen sich am Bahnhof Feuerbachstraße, wo Helene ein Ehepaar treffen will, die ihr Passfotos für gefälschte Ausweise übergeben sollen. Sie weiß nicht, dass ihr Treffen mit Ernst von der Gestapo beobachtet wird. Sie sagt zu Ernst: “Erst muss ich noch etwas erledigen, dann können Sie mir sagen, was Sie wollen. Ich treffe Perle [Anm. Tarnname für Franz Kaufmann] um zehn Uhr am Breitenbachplatz.” Dann wird Helene auch schon verhaftet. Sie trägt noch eine Adressliste mit den Namen von deportierten Jüdinnen und Juden mit sich, die sie unbemerkt von den Gestapo-Beamten fallen lässt, und Lebensmittelkarten, die sie später auf der Toilette der Polizeiwache zerreißen kann. Das Ehepaar mit den Passfotos wartet währenddessen zum Glück außerhalb des Bahnhofs und bleibt von der Gestapo unbemerkt.

17. August 1943, 22 Uhr

Luftbild vom Breitenbachplatz in Berlin-Dahlem, circa 1935.

Die Gestapo weiß nun, dass Helene ein Treffen mit Franz Kaufmann um 22 Uhr am Breitenbachplatz vereinbart hat. Sie soll ihn, ähnlich wie es von Ernst Hallermann verlangt wurde, in eine Falle locken. Doch der Breitenbachplatz ist groß, und Helene erzählt den Gestapo-Männern, dass der Treffpunkt unten in der U-Bahn ist. Eine Lüge. Helene schildert die Situation später so: “Um zehn Uhr sind wir auf dem Bahnhof auf und ab gegangen. Eine Sekretärin von denen musste mich begleiten, die beiden Männer immer im Abstand hinterher. ‘Das ist ja eine schöne Aufgabe, die Sie da haben!’ sagte ich im Tone des Bedauerns zu der Sekretärin. Ich tat, als wenn alles nichts wäre. ‘Was wollen Sie denn eigentlich von dem? Wenn der wüsste, dass ich hier seinetwegen so behandelt werde, würde er sofort kommen’, entrüstete ich mich. Nun war es schon elf Uhr. Ich merkte, die Kerle wurden unruhig, aus Angst vor Fliegeralarm.” In dieser Nacht wird Franz Kaufmann nicht festgenommen. Währenddessen wartet Cioma mit Apfelpfannkuchen auf Helenes Rückkehr. Als es Mitternacht wird, nimmt Cioma an, dass Helene verhaftet wurde. Helene verbringt die Nacht im Polizeirevier am Spittelmarkt.

18. August 1943

Die Fahndungsmeldung für Cioma Schönhaus wurde am 30.09.1943 im Kriminalpolizeiblatt veröffentlicht.

Helene wird in das Sammellager Große Hamburger Straße gebracht, wo sie von SS-Hauptsturmführer und Lagerleiter Walter Dobberke mehrfach vernommen wird. Um 5 Uhr morgens verlässt Cioma Helenes Wohnung. Er befürchtet, dass die Gestapo bald auftauchen wird, um die Wohnung zu durchsuchen. Alles, was Helene belasten könnte, hat er in eine große Aktentasche gepackt, die er jetzt zu der Helferin Etta von Oertzen bringt. Cioma kann sich noch einige Tage in Berlin verstecken, dann verlässt er die Stadt – auf einem Fahrrad und mit einem gefälschten Wehrmachtsdokument in der Tasche. Am selben Tag erfolgt die Verhaftung von Franz Kaufmann, die auf die Aussagen Ernst Hallermanns zurückzuführen ist. Dann wird Helene in das Frauengefängnis in der Bessemerstraße in Tempelhof gebracht.

24. August 1943, früh am Morgen

Brände nach Luftangriff, Berlin 1944.

Das Frauengefängnis in der Bessemerstraße wird von einem Phosphorangriff getroffen. Chaos bricht aus. Eigentlich sollen die Gefangenen in einem Splittergraben Schutz suchen, doch Helene folgt einem gutmütigen Wachmann, der sie nicht weiter beachtet, aus dem Gefängnis raus in einen nahe gelegenen Luftschutzbunker. Als die Entwarnung ertönt, ist sie plötzlich in Freiheit. Und die nutzt sie. Als erstes geht sie zu Eva Bildt, der Verlobten von Pfarrer Helmut Gollwitzer, die ganz in der Nähe in Tempelhof wohnt. Helene sieht Eva auf ihrem Hausdach stehen – sie hilft bei Löscharbeiten. Eva erschrickt, als sie Helene sieht. Im ersten Moment glaubt sie, dass sie sich bei ihr verstecken will. Doch Helene hat schon beschlossen, sich wieder der Gestapo zu stellen – jedoch nicht, ohne vorher einige wichtige Dinge zu erledigen. Als erstes tätigt Helene bei Eva einige Telefonate. Sie ruft bei der Bank an, um die Auszahlung von Spendengeldern zu stoppen, weil sie sich jetzt um die Weiterverteilung nicht mehr kümmern kann.

24. August 1943, Tagsüber

Der Bayerische Platz in Berlin.

Ihre größte Sorge ist es, die Schutzsuchenden über ihre Verhaftung zu informieren und sie davor zu warnen, zu ihrer Wohnung zu gehen. Denn das würde sie in größte Gefahr bringen, von der Gestapo entdeckt zu werden. Sie denkt ganz besonders an Hubert Salzmann. Er lebt in der Illegalität in Berlin und sucht immer mal wieder Schutz in Helenes Wohnung. Auch für diese Woche hat er sich bei Helene angekündigt. Doch wie soll sie ihn jetzt erreichen? Dann passiert etwas, das in der Rückschau geradezu übernatürlich wirkt. Helene denkt ganz intensiv an Hubert und schickt ihm in Gedanken einen stummen Appell. Er soll in einer Viertelstunde, wenn sie wieder am Bayerischen Platz vorbeikommt, da sein. Und als die Viertelstunde vorbei ist, steht Hubert wirklich da. Helene kann ihn warnen und erzählt ihm, dass sie beabsichtigt, sich der Gestapo wieder zu stellen. Darüber ist Hubert ganz bestürzt. “Jetzt brauchen Sie eine Helene Jacobs”, sagt Hubert zu ihr. Doch Helene will sich nicht selbst verstecken. Das findet sie unverhältnismäßig. “Ich war ja nicht so gefährdet, mich wollten sie ja nicht umbringen”, sagt Helene, als sie viel später zurückblickt. Außerdem hätte sie ihre Tante Lieschen in Gefahr gebracht, und das will sie nicht riskieren. Die Begegnung mit Hubert Salzmann, der die Verfolgung überlebt hat, ist ihr ein großer Trost.

24. August 1943, 18 Uhr

Holocaust-Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Jüdischen Altersheims in Berlin-Mitte, welches die Nationalsozialist:innen als Sammellager nutzten.

Um 18 Uhr führt Helene noch ein Telefonat. Sie ruft Lagerleiter Walter Dobberke an und teilt ihm mit, dass sie das Gefängnis verlassen hat und sich wieder stellen wird. Sie bittet ihn, in ihrer Wohnung ihre Kleider wechseln zu dürfen. Der Lagerleiter stimmt zu. Nach einigen Stunden, die sie mit ihrer Tante Lieschen in ihrer Wohnung verbringt, wird sie abgeholt – von einem LKW der Gestapo. Es geht wieder in das Sammellager Große Hamburger Straße.

26. August 1943

Vermerk in Helenes Gestapoakte vom 26. August 1943.

Für ganz so unschuldig halten die Gestapo-Beamten Helene nicht. In ihrer Gestapoakte wird notiert: “Es ist anzunehmen, dass sie ihren, bzw. den Freundeskreis von Kaufmann von ihrer Festnahme in Sachen Kaufmann in Kenntnis gesetzt hat.” Am 26. August wird Helene erneut von Dobberke vernommen. Er will unbedingt erfahren, wo sich Günter Rogoff [Anm. Tarnname für Cioma Schönhaus] aufhält. Helene verrät nichts. Sie gibt zu Protokoll: “Wenn ich nochmals über den Aufenthalt des Günter Rogoff befragt werde, so muss ich immer wieder betonen, dass mir nicht bekannt ist, wo sich dieser aufhält.” Weder in den Vernehmungen, noch später im Prozess belastet oder verrät Helene je einen anderen.

26. August 1943, später am Tag

Die Vorderfront des Polizeipräsidiums am Alexanderplatz,
um 1900.

Nach der Vernehmung durch Lagerleiter Dobberke wird Helene in das Polizeigefängnis am Alexanderplatz gebracht. Als ihre Fingerabdrücke abgenommen werden, sieht sie Franz Kaufmann auf dem Flur und kann sogar einige Worte mit ihm wechseln. Es wird das letzte Mal sein, dass sich die beiden begegnen. Sie ist in einer großen, überfüllten Zelle eingesperrt. Im selben Gefängnis, allerdings in Einzelhaft, sind auch Hilde Schaeder und Gertrud Luckner, eine christliche Widerstandskämpferin, die später ebenfalls als “Gerechte unter den Völkern” ausgezeichnet wird. Hilde trifft Helene einmal auf dem Flur, und Gertrud bei dem einzigen Hofgang, den man ihr gestattet hat.

2. September 1943

Bericht in Helenes Gestapoakte über die Durchsuchung ihrer Wohnung.

Um 10 Uhr des 2. September wird Helenes Wohnung von der Gestapo durchsucht. Gefunden wird nichts. Am selben Tag kommt Helene in das Gefängnis in der Lehrter Straße, später wird sie noch in der Untersuchungshaftanstalt Moabit und im Gerichtsgefängnis Charlottenburg inhaftiert.

10. Januar 1944

Am 10. und 11. Januar 1944 steht Helene mit zehn weiteren Personen vor dem Sondergericht III. beim Landgericht Berlin. Die Anklage lautet auf Verbrechen gegen die Kriegswirtschaftsverordnung und Urkundenfälschung, bzw. Beihilfe zur Urkundenfälschung. Es geht um die Fälschung von Ausweisen, die illegale Beschaffung von Lebensmittelkarten sowie die Weitergabe derer an flüchtige Jüdinnen und Juden. Hauptangeklagter ist Ernst Hallermann, der am nächsten Tag zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt wird. Obwohl Franz Kaufmann im Prozess als der Drahtzieher der ganzen Gruppe ausgemacht wird, steht er nicht vor Gericht. Der perfide Grund: Jüdinnen und Juden werden zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vor Gericht gestellt. Um dem Gericht bei Bedarf noch als Zeuge zur Verfügung zu stehen, ist Franz zum Zeitpunkt des Prozesses noch am Leben und weiterhin im Gefängnis in der Großen Hamburger Straße inhaftiert.

Die Kriegswirtschaftsverordnung

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Plakat mit Appell gegen Hamsterkäufe, um 1942.

Am 4. September 1939, nur drei Tage nach dem deutschen Überfall auf Polen, und damit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, trat die Kriegswirtschaftsverordnung (KWVO) in Kraft. Deutschland war nun für alle Augen sichtbar in die staatlich gelenkte Kriegswirtschaft übergetreten. In Wahrheit war die Kriegswirtschaftsverordnung schon lange Zeit zuvor vorbereitet worden. Daher wird sie auch als eine „Schubladenverordnung“ bezeichnet. Mit diesem Gesetz wurden Kriegssteuern erhoben, Preise und Löhne eingefroren, Arbeitszeitbegrenzungen aufgehoben und Zuschläge, beispielsweise für Überstunden und Nachtarbeit, gestrichen. Außerdem wurde durch das Gesetz das Delikt der “Kriegswirtschaftsverbrechen” eingeführt. Mit Kriegsbeginn wurden Rohstoffe und Konsumgüter (z. B. Kohle, Seife, Textilien) und Lebensmittel (z. B. Brot, Fleisch, Milch, Eier, Käse) staatlich rationiert. Man erhielt sie nur noch gegen Lebensmittelmarken und Bezugsscheine. Von Beginn der Rationierungen an wurden Jüdinnen und Juden systematisch diskriminiert. Sie erhielten keine Sonderrationen und ab Oktober 1942 keine Fleisch- und Kleiderkarten mehr. Wer diese Güter vernichtete oder für sich selbst beiseite schaffte und hortete, etwa durch Schwarzschlachten, Betrügereien mit Lebensmittelmarken oder Hamstern, konnte wegen Kriegswirtschaftsverbrechen angeklagt werden. Die Strafen für solche Verbrechen waren überaus streng und reichten bis zur Todesstrafe, besonders, als die Versorgung der deutschen Zivilbevölkerung mit fortschreitendem Krieg immer schwieriger wurde.

11. Januar 1944

Auszug aus dem Urteil des Landgericht Berlin vom 11.01.1944 in der Strafsache gegen Ernst Hallermann, Helene Jacobs u.a.

Das Gericht verurteilt Helene zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus wegen eines Verstoßes gegen die Kriegswirtschaftsverordnung und der Beihilfe zur Urkundenfälschung. Im Urteil heißt es: “Die Angeklagte Jacobs ist (…) ein Opfer der Ausnutzung ihres auf religiöser Grundlage fußenden Mitleids durch Kaufmann sowie der Rassenfrage verständnislos gegenüberstehenden Einstellung der Bekenntniskirche geworden.” Damit geht die Strategie ihres Anwalts Kurt Wergin, der selbst Mitglied der Bekennenden Kirche ist, auf, der vor Gericht damit argumentiert hatte, dass die Frauen nicht eigenständig gehandelt hätten, sondern von den Männern fehlgeleitet wurden. Die Argumentation passt genau zum nationalsozialistischen Frauenbild. Das ganze Ausmaß von Helenes Widerstandshandlungen, und vor allem auch, dass sie Jüdinnen und Juden in ihrer Wohnung versteckt hat, ist der Gestapo nie bekannt geworden. Das Gericht kann ihr heute nur nachweisen, dass sie drei Mal Lebensmittelmarken an einen Juden weitergegeben hat sowie an der Fälschung eines Postausweises beteiligt gewesen ist.

17. Februar 1944

Die Sterbeurkunde von Franz Kaufmann, mit ungesichterten Angaben, ausgestellt während der NS-Zeit, undatiert.

Als Margot Kaufmann am 18. Februar 1944 im Sammellager Große Hamburger Straße erscheint, um ihren Mann Franz wie gewohnt in der Haft zu besuchen, wird ihr mitgeteilt, dass er am Vortag bereits weggebracht worden ist. Wohin er gebracht wurde, erfährt Margot nicht, und es ist bis heute auch nicht mehr belegbar. Klar ist: Nach dem Prozessende sieht das Regime keine Notwendigkeit mehr darin, Franz am Leben zu lassen. Jemand ordnet die sogenannte “Sonderbehandlung” an – eine Tarnbezeichnung für die Ermordung von Menschen. Anzunehmen ist, dass Franz Kaufmann am 17. Februar 1944 erschossen wurde. Einige Augenzeug:innen meinen nach Kriegsende, dass Franz Kaufmann in Lichterfelde erschossen worden sei. Andere, darunter auch die damalige Protokollantin der Verhöre, Johanna Heym, berichten, dass er in das KZ Sachsenhausen deportiert worden sei und dort erschossen wurde.

In Haft

Tresen im Frauengefängnis Charlottenburg, an dem die Frauen ihr Eigentum abgeben mussten.

Helene verbüßt ihre Haft im Gerichtsgefängnis Charlottenburg in der Kantstraße 79. Hier sind vor allem politisch verfolgte Frauen inhaftiert, darunter die Widerstandskämpferinnen Libertas Schulze-Boysen, Elfriede Paul und Cato Bontjes van Beek. Helene muss wie die anderen Häftlinge Zwangsarbeit leisten – wobei sie sich bei den ihr zugewiesenen Aufgaben extra ungeschickt anstellt, um nicht zur nationalsozialistischen Kriegswirtschaft beizutragen. “Sabotage” nennt das Regime dieses Verhalten, und wer unter den Verdacht gerät, diese begangen zu haben, riskiert sein Leben. Helene berichtet darüber: “Zuerst musste ich Glimmer spalten. Ich habe das teure Material zum großen Teil verdorben. Nicht einmal mit Absicht. Ich konnte das einfach nicht, weil in meinem Bewusstsein stand: Das ist für Kriegszwecke. Ich musste Postkarten austuschen, habe ich wohl auch nicht zur Zufriedenheit gemacht, denn ich kam in die Zelle für die Dümmsten und musste Erbsen auslesen. Schließlich habe ich in Massen wollene Strümpfe für Soldaten gestopft, erreichte aber nie das Soll.” Später leistet sie Zwangsarbeit im Gefängnisbüro und bringt dort die Buchführung des Gefängnisses in Ordnung.

17. April 1945

Entlassungsschein von Helene Jacobs vom 17. April 1945.

Zweieinhalb Jahre Haft durchzustehen, das ist das eine. Etwas anderes macht Helene Angst: Wenn die Haft abgesessen ist, könnte sie in “Schutzhaft” genommen und in ein Konzentrationslager deportiert werden. Doch es kommt anders, als das Kriegsende vor der Tür steht. Der Oberregierungsrat Struwe hilft Helene und sorgt dafür, dass sie von der Haft aus dem Gerichtsgefängnis Charlottenburg beurlaubt wird, “um ihrer alten Tante in diesen Kriegsunbilden beizustehen”, so die Begründung. Dafür muss sie sich verpflichten, im Gefängnisbüro in der Kantstraße weiterzuarbeiten. Auch die Massendeportationen aus Berlin gehen bis zum Frühjahr 1945 weiter. Über 50.000 Menschen sind am Ende davon betroffen.

27. April 1945

Ruine des Kaufhauses Karstadt am Hermannsplatz, Mai 1945. Das Gebäude wurde von der SS gesprengt.

Rund zehn Tage später hilft Helene, Entlassungsscheine für die letzten noch eingesperrten Häftlinge auszustellen – das ist wichtig, denn dadurch bekommen die Befreiten Lebensmittelkarten. Sie hat eine Blankounterschrift der Aufseherin erhalten, die selbst nicht mehr erscheint. Währenddessen tobt die Schlacht um Berlin, die mit der Einnahme der Stadt durch die Rote Armee am 2. Mai endet. Erst an diesem Tag kann Helene den Weg nach Hause antreten – aber das ist gar nicht so einfach, denn überall sind sowjetische Posten und es ist weiterhin gefährlich auf den Straßen. Noch am 2. Mai trifft sie in Berlin mit ihrer Tante zusammen. “Wir waren froh, wieder zusammen zu sein”, sagte Helene. Ein paar Tage später erreicht sie ihre glücklicherweise nicht zerstörte Wohnung.

Juni 1945

Kriegsbeschädigtes Hauptgebäude der Humboldt-Universität, Berlin 1950.

Die erste Aufgabe, die auf Helene nach ihrer Entlassung wartet, ist die, die so viele Frauen und Männer in Berlin mit ihr erfüllen müssen: Sie hilft bei der Trümmerbeseitigung. Dann, ab Juni 1945, arbeitet sie als Kindergartenhelferin im Bezirksamt Wilmersdorf. Nach rund einem Jahr, Ende März 1946, fängt sie wieder bei einem Rechtsanwalt als Büroleiterin an. Im Dezember 1947 nimmt Helene ein Jurastudium an der Humboldt-Universität auf, muss es jedoch nach zwei Jahren abbrechen, da sie es sich nicht mehr leisten kann. Sie ist arbeitslos geworden.

1. Juli 1946

Ausweis "Opfer des Faschismus" von Helene Jacobs.

Das Landgericht in Berlin-Moabit hebt Helenes Verurteilung durch das Unrechtsurteil vom 11. Januar 1944 am 1. Juli 1946 auf. Die zweite große Strafkammer erkennt in ihrem Beschluss an: “Die Angeklagte hat die Tat begangen, um diesen politisch und rassisch Verfolgten Hilfe zu leisten und sie mit den notwendigen Lebensmitteln und Ausweisen zu versorgen. Sie hat die Hilfe auf Grund ihrer religiösen Überzeugung uneigennützig geleistet und dafür keinerlei wirtschaftliche Vorteile gefordert oder erhalten (…) Die Verurteilung war daher aufzuheben.” Im März 1946 wird Helene auch als “Opfer des Faschismus” anerkannt.

Sommer 1946

Cioma Schönhaus.

Im Sommer 1946 hört sie wieder von Cioma Schönhaus. Sie erfährt, dass er inzwischen in Basel lebt und sich verlobt hat. Cioma schreibt Helene in einem Brief: “Schreibe mir über das Leben in Berlin und welche Häuser noch stehen und über das wahrscheinlich Wenige, was erfreulich ist in meinem, unserem lieben guten alten Berlin (…) Ich war stolz darauf, dich gekannt zu haben. Du bist in meinen Augen ein wirklicher Held.” Mit Cioma und seiner Familie bleibt Helene bis an ihr Lebensende verbunden. Sie fährt mehrmals zu Besuchen in die Schweiz.

1950er Jahre

Helene schlägt eine Verwaltungslaufbahn ein. Oder, wie sich Cioma Schönhaus in seinen Lebenserinnerungen ausdrückte: “Dann verzichtete sie darauf, am Wirtschaftswunder teilzunehmen. Sie fand, ihr Platz sei im Wiedergutmachungsamt.” Seit Oktober 1949 arbeitet sie erst in einem Wiedergutmachungsamt in Berlin, und dann, nach abgeschlossener Verwaltungsprüfung, von 1952 bis zu ihrer Pensionierung 1971 beim Berliner Entschädigungsamt. Sie fängt als Sachbearbeiterin an und steigt später zur Oberinspektorin auf. Helene will sich außerdem weiter sozial engagieren. Im Jahr 1950 tritt sie der Berliner Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit bei, die sich im Vorjahr gegründet hat.

Entschädigung für Helene

Helene beantragte im Januar 1952 beim Entschädigungsamt in Berlin Entschädigung für den Schaden an Freiheit sowie den Schaden im beruflichen Fortkommen. Bei ihrem Entschädigungsverfahren hatte Helene einen ganz entscheidenden Vorteil: Sie arbeitete selbst für die Behörde, bei der sie den Antrag stellte. Zwar durfte sie natürlich nicht über ihr eigenes Verfahren entscheiden, aber sie kannte sich mit den komplizierten Wiedergutmachungsgesetzen gut aus, und auch mit der Praxis der Wiedergutmachung. So wusste sie beispielsweise genau, welche Belege sie ihren Unterlagen beilegen musste, um die Anerkennung wahrscheinlicher zu machen. Sehr viele Verfolgte, die Anträge auf Entschädigung stellten, hatten dieses Wissen und die Erfahrungen nicht.

Zunächst ging es dem Berliner Entschädigungsamt darum festzustellen, ob notwendige Voraussetzungen erfüllt waren, z. B. dass Helene eine “politisch, rassisch oder religiös Verfolgte” war. Hierzu musste Helene Fragebögen ausfüllen und in eigenen Worten ausführlich darlegen, aus welchen Gründen und vor welchem Hintergrund sie verfolgt wurde. Das Amt kam zu dem Ergebnis, dass Helene aus politischen Gründen verfolgt worden war. In ihrem Antrag bezüglich des Schadens an Freiheit musste Helene genau auflisten, in welcher Zeit sie an welchen Orten inhaftiert war und dies auch belegen, z. B. durch Entlassungsscheine und Eidesstattliche Erklärungen von Zeug:innen. Für jeden Tag, an dem Helene durch nationalsozialistische Verfolgung der Freiheit beraubt wurde, stand ihr eine Haftentschädigung von 5 DM zu. Insgesamt, so hatte es Helene ausgerechnet, war sie 609 Tage in Polizeihaft, Untersuchungshaft oder Strafhaft. Das Berliner Entschädigungsamt bewilligte ihren Antrag im März 1953 und zahlte ihr eine einmalige Entschädigungsleistung über 3.045 DM.

Den Schaden im beruflichen Fortkommen festzustellen, bzw. die Höhe der Entschädigungsleistung festzusetzen, war etwas komplizierter. Helene legte in seitenlangen Schreiben ihre Einkommensverhältnisse während des Nationalsozialismus und danach offen. Auch für diese persönlichen Erklärungen forderte das Entschädigungsamt Belege. Hier kam ihr Dr. Hermann Barschall zur Hilfe, ihr ehemaliger Arbeitgeber, dem Helene 1939 zur Flucht verholfen hatte und der mittlerweile in New York lebte. Er schrieb der Behörde ausführlich, was Helene für ihn und seine Familie getan hatte, welche beruflichen Leistungen und Aussichten Helene hatte, als sie in Berlin für ihn tätig war – und dass sie ihre Anstellung bei ihm nur verloren hatte, weil er aufgrund der nationalsozialistischen Rassegesetze selbst nicht mehr als Rechtsanwalt tätig sein durfte. Im Februar 1959 schloss Helene mit dem Land Berlin einen Vergleich ab, wonach ihr eine Einmalzahlung von 28.970 DM ausgezahlt wurde. Nach ihrem Renteneintritt 1966 erhielt Helene außerdem noch eine kleine, sogenannte PrV-Rente nach dem “Gesetz über die Anerkennung und Versorgung der politisch, rassisch oder religiös Verfolgten des Nationalsozialismus” über monatlich 130 DM.

Antrag_Schaden_an_Freiheit
Der Antrag auf Entschädigung für den Schaden an Freiheit von Helene Jacobs, 1952.

1960er Jahre

Helene Jacobs im Juli 1983.

Im April 1960 wird Helene für ihre Rolle im Rettungswiderstand als “Unbesungene Heldin” ausgezeichnet. Weiterhin setzt sie sich in ihrer Arbeit beim Berliner Entschädigungsamt für die Verfolgten des Nationalsozialismus ein. So sehr, dass es ihren Vorgesetzten auffällt – und zwar nicht im positiven Sinne. 1963 wird sie in die Abteilung versetzt, die für den Härteausgleich zuständig ist. “Wegen meines Einsatzes für die Verfolgten galt ich als voreingenommen”, sagt Helene später. Die Praxis der Wiedergutmachung kritisiert sie: “Unser Staat hat die Wiedergutmachung dieses besonderen Unrechtskomplexes im Rahmen des Möglichen grundsätzlich bejaht, eine gesetzliche Verpflichtung aber nur zögernd und nur sehr eingeschränkt anerkannt. Über Jahrzehnte wurde durch komplizierte Gesetze der Umfang abgegrenzt und beschränkt (…) Hier aus freiem Herzen umfassend und verständnisvoll zu handeln, hätte uns zu einem klaren Rechtsbewusstsein verhelfen können, das wir zum Wiederaufbau unseres demokratischen Rechtsstaates so dringend brauchten. Die besten Kräfte hätten dafür eingesetzt werden müssen (…) Das eigentliche Ziel wurde verfehlt.” Noch an ihrem letzten Arbeitstag vor der Pensionierung im Dezember 1970, als sie sich beim Bürodirektor Krüger abmeldet, wird ihr mit einem Regressanspruch gedroht. Helene entgegnet dem Bürodirektor nur, dass sie schriftlich Stellung nehmen werde, sobald man ihr den Vorgang zusende. Sie hört nie wieder etwas davon.

28. Mai 1968

Der Garten der "Gerechten unter den Völkern", Jerusalem.

Am 28. Mai 1968 wird Helene von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern anerkannt. Damit ist sie heute eine von 651 Deutschen, der diese Ehre zuteilwurde.

13. August 1993

Helene Jacobs, ca. 1987-1990.

Helene stirbt mit 87 Jahren in Berlin.

April 1997

Gedenktafel für Helene Jacobs in Berlin.

Im April 1997 wird auf Initiative der Berliner Geschichtswerkstatt e.V. eine Gedenktafel am Eingang ihres Wohnhauses in der Bonner Straße 2 aufgehängt. Darauf ist zu lesen: “In diesem Hause lebte von 1935 bis zu ihrem Tode die Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus Helene Jacobs”. So ganz einfach läuft die Umsetzung dieser Idee jedoch nicht. In der Wilmersdorfer Bezirksverordnetenversammlung wird diskutiert. Man habe ja schon so viele Gedenktafeln. Jemand fragt: “War das denn eigentlich Widerstand?” Eine Frage, die niemand verneinen kann, der von Helene Jacobs erfahren hat.

Autorin: Lena Knops

WEITERE FÄLLE

Eleonore "Lore"
Wolf

Theo
Hespers

Władek
Zarembowicz

Maria
Günzl

Heinz
Kerz

Alfred
Wödl

QUELLEN

Auswertung von Gerichtsakten, Landesarchiv Berlin B Rep. 020 Nr. 9591.

Entschädigungsakte Helene Jacobs, Reg. Nr. 14.892, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin.

Evangelisches Zentralarchiv in Berlin, EZA 785/6.

Interview Cioma Schönhaus vom 23.09.2012, WDR Erlebte Geschichte, Redaktion: Mark vom Hofe, Autorin: Christiane Raasch, online verfügbar: wdr.de

Interview Helene Jacobs vom 11.07.1983, Zentrum für Antisemitismusforschung, Bezug des Transkripts über Gedenkstätte Stille Helden in der Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin.

Interview Helene Jacobs vom 03.02.1986, RG Number: RG-90.091.0012, United States Holocaust Memorial Museum Collection, Gift of Victoria Barnett, online verfügbar: collections.ushmm.org

Schönhaus, Cioma, Der Passfälscher. Die unglaubliche Geschichte eines jungen Grafikers, der im Untergrund gegen die Nazis kämpfte, Frankfurt a.M. 2004.

Schönhaus, Cioma, Der Passfälscher im Paradies. Das Ende einer unglaublichen Odyssee, Stuttgart u.a. 2010.

ONLINEQUELLEN

Hamann, Christoph/Kosmala, Beate, Flitzen – verstecken – überleben? Hilfe für jüdische Verfolgte 1941-1945, Geschichten, Quellen, Kontroverse, hg. Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin/Ludwigsfelde, 2. Aufl. 2018, online verfügbar: gedenkstaette-stille-helden.de

Kurzbiografie Cioma Schönhaus, Gedenkstätte Stille Helden:
gedenkstaette-stille-helden.de

Kurzbiografie Franz Kaufmann, Gedenkstätte Deutscher Widerstand:
gdw-berlin.de

Kurzbiografie Helene Jacobs, Gedenkstätte Deutscher Widerstand:
gdw-berlin.de

Kurzbiografie Helene Jacobs, Yad Vashem:
yadvashem.org

Zum “Hitler-Putsch” und den Hintergründen:
Sturm, Reinhard, Kampf um die Republik 1919-1923 (23.12.2011), online verfügbar: bpb.de

Podcast-Folge zum “Hitler-Putsch”:
Deutschlandfunk Nova, Eine Stunde History, Weimarer Republik. Der gescheiterte Hitler-Putsch 1923 (03.11.2023), online verfügbar: deutschlandfunknova.de

SEKUNDÄRLITERATUR

Benz, Wolfgang (Hg.), Überleben im Dritten Reich. Juden im Untergrund und ihre Helfer, München 2003.

Düring, Marten, Verdeckte soziale Netzwerke im Nationalsozialismus. Die Entstehung und Arbeitsweise von Berliner Hilfsnetzwerken für verfolgte Juden, Berlin/Boston 2015.

Gailus, Manfred / Vollnhals (Hg.), Mit Herz und Verstand – Protestantische Frauen im Widerstand gegen die NS-Rassenpolitik (Berichte und Studien Nr. 65, hg. Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V.), Dresden 2013.

Kosmala, Beate / Schoppmann, Claudia (Hg.), Überleben im Untergrund. Hilfe für Juden in Deutschland 1941-1945 (Solidarität und Hilfe für Juden während der NS-Zeit. Rettungsversuche für Juden vor der Verfolgung und Vernichtung unter nationalsozialistischer Herrschaft, hg. Wolfgang Benz / Juliane Wetzel, Bd. 5), Berlin 2002.

Mensing, Björn, ‘Jetzt bin ich Gangster’, in: zeitzeichen 2/2004, S. 52 ff.

Mensing, Björn / Rathke, Heinrich, Mitmenschlichkeit, Zivilcourage, Gottvertrauen. Evangelische Opfer von Nationalsozialismus und Stalinismus, Leipzig 2003.

Rudolph, Katrin, Hilfe beim Sprung ins Nichts. Franz Kaufmann und die Rettung von Juden und “nichtarischen” Christen (Dokumente – Texte – Materialien, hg. Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin, Bd. 58), Berlin 2005.

Sandvoß, Hans-Reiner, ‘Es wird gebeten, die Gottesdienste zu überwachen…’. Religionsgemeinschaften in Berlin zwischen Anpassung, Selbstbehauptung und Widerstand von 1933 bis 1945, Berlin 2014.

Schäberle-Koenigs, Gerhard, Und sie waren täglich einmütig beieinander. Der Weg der Bekennenden Gemeinde Berlin/Dahlem 1937-1943 mit Helmut Gollwitzer, Gütersloh 1998.

Szepansky, Gerda, Frauen leisten Widerstand: 1933-1945. Lebensgeschichten nach Interviews und Dokumenten (Die Frau in der Gesellschaft. Texte und Lebensgeschichten, hg. Gisela Brinker-Gabler), Frankfurt a.M. 1983.

BILDQUELLEN

Alte Synagoge Aachen nach Zerstörung, 1938

Autor:in unbekannt, View of the old synagogue in Aachen after its destruction on Kristallnacht. Aachen, circa 10. November 1938, United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #29816. Courtesy of Stadtarchiv Aachen.

Antrag Schaden an Freiheit

Antrag Schaden an Freiheit Helene Jacobs, 16.01.1952, Entschädigungsakte Helene Jacobs, Reg. Nr. 14.892, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin.

Ausweis Opfer des Faschismus

Ausweis Opfer des Faschismus Helene Jacobs, 23.08.1946, Entschädigungsakte Helene Jacobs, Reg. Nr. 14.892, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin.

Auszug aus einem Ahnenpass

Auszug aus einem Ahnenpaß (Ariernachweis) des „Reichsverband der Standesbeamten Deutschlands (RDSD)“, 31. Ausgabe (mit Sterbebeurkundungen), Verlag für Standesamtswesen G.m.b.H. Berlin SW 61.

Bahnhof Feuerbachstraße und Güterbahnhof Steglitz, 1987

Roehrensee/wikimedia, Güterbahnhof Steglitz und S-Bahnhof Feuerbachstraße, 8. Juli 1987, unverändert, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED.

Bayerischer Platz Berlin 1912

Missmann, Max,
Bayerischer Platz
Berlin, 1912, Fotografie, 17,20 cm x 23,20 cm, Inv.-Nr.: IV 64/3308 V, Sammlung Stiftung Stadtmuseum Berlin, © Stadtmuseum Berlin.

Berlin, Anschlagsäule

Schwahn, Berlin, Anschlagsäule, 11. August 1943, unverändert, Bundesarchiv, Bild 183-J07186, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Berlin, Behrenstraße, Disconto Gesellschaft

Autor:in unbekannt, Berlin, Behrenstraße, Disconto Gesellschaft, 1930, unverändert, Bundesarchiv, Bild 183-1983-1021-505, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED.

Berlin, Brände nach Luftangriff 1944

Autor:in unbekannt, Berlin, Brände nach Luftangriff, Juli 1944, unverändert, Bundesarchiv, Bild 183-J30142, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Berlin, Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler

Autor:in unbekannt, Berlin, Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, 30. Januar 1933, unverändert, Bundesarchiv, Bild 102-15347, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Berlin, Friedrichstaße, Ruine 1950

Autor:in unbekannt, Berlin, Friedrichstraße, Ruine, 1950, unverändert, Bundesarchiv, Bild 183-S95056, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Berlin, Folk Restaurant, ca. 1915-1920

Bain News Service, publisher, Berlin – folk restaurant, between ca. 1915 and ca. 1920, Library of Congress, Prints & Photographs Division [LC-DIG-ggbain-25319], online verfügbar: loc.gov.

Berlin, Humboldt-Universität, Hauptgebäude, Ruine

Illus, Berlin, Humboldt-Universität, Hauptgebäude, Ruine, Berlin, 27. Januar 1950, unverändert, Bundesarchiv, Bild 183-S92636, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Berlin, Jubelnde Zuschauer, 1934

Autor:in unbekannt, Berlin, Jubelnde Zuschauer, 12.09.1934, unverändert, Bundesarchiv, Bild 102-04091A, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE DEED.

Berlin, Jüdische Auswanderer vor Reisebüro 1939

Autor:in unbekannt, Berlin, Jüdische Auswanderer vor Reisebüro, Januar 1939. Bundesarchiv, Bild 183-E01073, online verfügbar unter: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Berlin Mitte Große Hamburger Straße Gedenkstätte Jüdisches Altersheim

Beek100/wikimedia 21. Berlin Mitte, Große Hamburger Straße, Gedenkstätte Jüdisches Altersheim, Juni 2009, online verfügbar: wikipedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED.

Berlin, SA-Kundgebung, 1933

Autor:in unbekannt, Berlin, SA-Kundgebung, November 1933, unverändert, Bundesarchiv, Bild 102-15191, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE DEED.

Breitenbachplatz, Berlin ca. 1935

Luftbild vom Breitenbachplatz, Berlin-Dahlem (Bezirk Steglitz-Zehlendorf); Blick nach Süden, Postkarte, circa 1935, gemeinfrei.

Bronzekopf Heinrich Grüber

Levin Holtkamp, Bronzekopf von Heinrich Grüber auf dem Heinrich-Grüber-Platz in Berlin-Kaulsdorf, 2015, unverändert, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 4.0 DEED.

Cioma Schönhaus Fahndungsmeldung

Sonderausgabe zum Deutschen Kriminalpolizeiblatt, 30.09.1943, gemeinfrei.

Denunziation an die Gestapo, 7. August 1943

Denunziation von Lotte Blumenfeld, 7. August 1943, Landesarchiv Berlin, B Rep. 020 Nr. 9591.

Deportation der badischen Juden am 22. Oktober 1940

© Stadtarchiv Lörrach, StaLö2.29.19.

Der Verkehrsturm am Potsdamer Platz in Berlin 1927

Pragher, Willy, Der Verkehrsturm am Potsdamer Platz in Berlin, April 1927, Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg, W 134 Nr. 000137B, online verfügbar: deutsche-digitale-bibliothek.de. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE DEED.

Elisabeth Schmitz

Lumpeseggl/wikimedia, Portrait auf der Gedenktafel am Geburtshaus von Elisabeth Schmitz in Hanau, Corniceliusstraße 16, 14. Februar 2015, online verfügbar: wikimedia.org public domain.

Entlassungsschein 17. April 1945

Entlassungsschein vom 17. April 1945, Landesarchiv Berlin, B Rep. 020 Nr. 9591.

Familie Loewenberg

Peter B. Loewenberg / Fotograf:in unbekannt, Bild unverändert. Museumsprojekt Kleinmachnow, online alverfügbar: brandenburg.museum-digital.de. Lizenz: CC BY-NC 4.0 DEED.

Franz Kaufmann

Franz Kaufmann, undatiert, © Gedenkstätte Deutscher Widerstand.

Frauengefängnis Charlottenburg

Das Frauengefängnis Charlottenburg, © Karl Dürr/Dr. Frank Wecker.

Gedenktafel Bonner Str 2 Helene Jacobs

OTFW/wikimedia, Gedenktafel Helene Jacobs, Bonner Straße 2, Berlin, 31. März 2008, unverändert, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE DEED.

Garten der ‘Gerechten unter den Völkern’

Proesi/wikimedia, Yad Vashem, Der Garten der “Gerechten unter den Völkern”, 14. September 2006, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 2.0 DE DEED.

Gertrud Staewen

Porträt Gertrud Staewen,Privatbesitz/Scan GDW.

Ghetto Lodz

View of the wooden and barbed wire fence that separated the Lodz ghetto from the rest of the city (probably taken from Zgierska Street). Signs forbidding entrance to Poles and Germans were posted at all entrances to the ghetto, 1940. United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #01927. Courtesy of Frank Morgens (Mieczyslaw Morgenstern). Copyright of United States Holocaust Memorial Museum.

Helene Entschädigungsakte Porträtfoto

Porträtfoto Helene Jacobs, undatiert, Entschädigungsakte Helene Jacobs, Reg. Nr. 14.892, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin.

Helene Jacobs

Siegmann, Horst, Jacobs, Helene (geb. 25.02.1906 in Schneidemühl – gest. 13.08.1993 in Berlin); Verfolgte des Naziregimes, Landesarchiv Berlin, F Rep. 290 (04) Nr. 0259054.

Helene Jacobs, Germany, 1987-1990

Block, Gay (b. 1942): Helene Jacobs, Germany, 1987-1990, Chromogenic print, 22 1/2 × 18 1/2 in. (57.2 × 47 cm). Acquired through the generosity of Jo Carole and Ronald
S. Lauder. Acc. no.: 582.1990. Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence, #0167546, 2024 © Photo Scala, Florence.

Helmut Gollwitzer

Binder, Ludwig, Studentenrevolte 1967/68, West-Berlin. Prof. H. Gollwitzer und Regierender Bürgermeister a.D. H. Albertz. Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bild
2001_03_0275.4240, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 2.0 DE DEED.

Hildegard Schaeder

Hildegard Schaeder, 1940, © Gerlind Schwöbel. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Evangelischen Regionalverbands Fft. und Offenbach, Ffm.

Jüdische Männer bei ihrer Verhaftung, 1938

Autor:in unbekannt, A small group of Jewish men, who have been rounded-up for arrest in the days after Kristallnacht, file out of the police station in Stadthagen, escorted by German police and SA members. Stadthagen, 10. November 1938, United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #26872. Courtesy of Stadtarchiv Stadthagen.

Kirchenwahl 1933, Propaganda der Deutschen Christen

Kirchenwahl, Propaganda der Deutschen Christen, Berlin 23.07.1933, unverändert, Bundesarchiv, Bild 183-1985-0109-502, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE DEED.

Lebensmittelkarte Mark Brandenburg, Niederbarnim

Autor:in unbekannt, Lebensmittelkarte Mark Brandenburg, Niederbarnim, 1941, Bundesarchiv, Bild 183-H26799, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Lily-Braun-Gymnasium, ehem. Spandauer Lyzeum

Langenauer/wikimedia, Eingang des Lily-Braun-Gymnasiums, Berlin Spandau, 24. März 2011, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED.

Mahnmal Bahnhof Grunewald

Axel Mauruszat, Berlin, Bahnhof Grunewald, Mahnmal Gleis 17, 2006, online verfügbar: wikimedia.org.

Notariat von Werner Liebenthal in Berlin nach Judenboykott 1933

Etan J. Tal/wikimedia, Nameplate of Dr. Werner Liebenthal, 14. Dezember 2014, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED.

Novemberpogrome

Germans pass by the broken shop window of a Jewish-owned business that was destroyed during Kristallnacht. United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #86838. Courtesy of National Archives and Records Administration, College Park. Bildarchiv Abraham Pisarek. Copyright of United States Holocaust Memorial Museum.

NS-Boykott gegen jüdische Geschäfte

Pahl, Georg, NS-Boykott gegen jüdische Geschäfte, 1. April 1933, Berlin, Bundesarchiv, Bild 102-14468, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

NS-Urteil

Urteil des Sondergericht III. beim Landgericht Berlin vom 11.01.1944 in der Strafsache gegen Ernst Hallermann, Helene Jacobs u.a., beglaubigte Abschrift vom 27.05.1946, Entschädigungsakte Helene Jacobs, Reg. Nr. 14.892, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin.

Passfoto Cioma Schönhaus

CH-BAR E4264#1985/196#22584*, Az. N14825, SCHOENHAUS, SAMSON, 28.09.1922, 1943 – 1955, Privatbesitz.

Pass Hirschfeld GDW

© Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Plakat Appell gegen Hamsterkäufe

Plakat mit Appell gegen Hamsterkäufe, München um 1942, © Deutsches Historisches Museum.

Plan Berlin-Siemensstadt

Ausschnitt Stadtplan Berlin, 1925, online verfügbar: wikimedia.orgPublic domain.

Porträt Helene Jacobs 1936

Privatbesitz, Scan GDW.

Postkarte Polizeipräsidium

Postkarte der Vorderfront des Polizeipräsidiums am Alexanderplatz, um 1900, Zentral- und Landesbibliothek Berlin| Berlin-Sammlungen | Ansichtskartensammlung.

Postkarte Schneidemühl, koloriert

Postkarte Bahnhof in Schneidemühl, koloriert, ca. 1906, Biblioteka Narodowa, public domain, online verfügbar: polona.pl.

Skizze von Helene Jacobs

Skizze von Cioma Schönhaus, EZA 785/1, mit freundlicher Genehmigung von Herrn Sascha Schönhaus

Soldaten bei der Verhaftung von Stadträten, 1923

Autor:in unbekannt, Soldaten bei der Verhaftung von Stadträten, 9. November 1923, Bundesarchiv, Bild 146-2007-0003, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Stolperstein Adolf Freudenberg

OTFW, Berlin, Stolperstein Adolf Freudenberger, Berlin 2021, unverändert, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Sterbeurkunde Franz Kaufmann

Sterbeurkunde von Franz Kaufmann, undatiert, Landesarchiv Berlin, B Rep. 020 Nr. 9591.

Straßenarbeiten Berlin

Pisarek, Abraham, Straßenarbeiten, Mai 1945, Deutsche Fotothek, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED.

Technische Hochschule in Charlottenburg

Autor:in unbekannt, Technische Hochschule in Charlottenburg, um 1905, online verfügbar: zeno.org gemeinfrei.

Tresen, Frauengefängnis Charlottenburg

Tresen im Frauengefängnis Charlottenburg, © Karl Dürr/Dr. Frank Wecker.

Vermerk dass Helene Jacobs sich wieder stellte 26. August 1943

Abschrift des Vermerks, dass Helene Jacobs sich wieder stellte, 26. August 1943, Landesarchiv Berlin, B Rep. 020 Nr. 9591.

Wohnungsdurchsuchung Helene Jacobs 2. September 1943

Abschrift der Gestapoakte über die Wohnungsdurchsuchung bei Helene Jacobs, 2. September 1943, Landesarchiv Berlin, B Rep. 020 Nr. 9591.

Hinweis: Trotz großer Recherchebemühungen ist es uns nicht gelungen, für einige der verwendeten Bilder Urheber bzw. Rechteinhaber ausfindig zu machen. Sollten Sie Rechte an einem der verwendeten Bilder innehaben, melden Sie sich bitte bei uns unter info@nsberatung.de.

ZUSÄTZLICH VERWENDETES QUELLENMATERIAL AUF UNSEREN SOCIAL MEDIA KANÄLEN

Deutsche Christen, Berlin, Luthertag

Autor:in unbekannt, Berlin, Luthertag, 19.11.1933, unverändert, Bundesarchiv, Bild

St. Annen Kirche, Berlin-Dahlem (2)

Charlie1965nrw/ wikimedia, St.-Annen-Kirche in Berlin-Dahlem, 2. April 2009, online verfügbar: wikimedia.org, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED.

Dietrich Bonhoeffer

Autor:in unbekannt, Dietrich Bonhoeffer, 1939, unverändert, Bundesarchiv, Bild 146-1987-074-16, online verfügbar: wikimedia.org Lizenz: CC BY 3.0 DE DEED.

Bonner Straße 2

Bonner Straße 2, © Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf

Fluchtobjekte von Cioma Schönhaus

Spychalska, Elwira, Fluchtobjekte von Cioma Schönhaus:

Frauengefängnis Charlottenburg Innenansicht

Zellen im Frauengefängnis Charlottenburg, © Karl Dürr/Dr. Frank

Kriegswirtschaftsverordnung 1939

Kriegswirtschaftsverordnung vom 04.09.1939, RGBl. I S. 1609.

Entschädigungsakte Helene Opfer des Faschismus 4

Passfoto Helene Jacobs, Ausweis Opfer des Faschismus, 1946, Entschädigungsakte Helene Jacobs, Reg. Nr. 14.892, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin.

Antrag Schaden im beruflichen Fortkommen

Antrag Schaden im beruflichen Fortkommen Helene Jacobs, 16.01.1952, Entschädigungsakte Helene Jacobs, Reg. Nr. 14.892, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin.