Die Strafanstalten Fuhlsbüttel bis 1933

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Ab 1876 entstanden im damals noch ländlichen Hamburger Stadtteil Fuhlsbüttel Gefängnisbauten für Männer, Frauen und Jugendliche, die in den kommenden Jahren stetig erweitert wurden. Doch im Laufe der Jahre investierte man nicht mehr in die Instandhaltung. Spätestens in den 1920er Jahren erfüllten die Gebäude nicht mehr den Standard des Strafvollzugs und die Hamburger Strafgefangenen wurden in anderen Strafanstalten untergebracht. So kam es, dass die Gebäude leer standen und eigentlich abgerissen werden sollten, als die Nationalsozialist:innen im Januar 1933 an die Macht kamen. Doch durch die großangelegten Verfolgungswellen zu Beginn der Machtübernahme benötigten die Nationalsozialist:innen die Strafanstalten wieder. Die Hamburger Staatspolizei brachte im Zellenbau des Zuchthausgebäudes ab April 1933 sogenannte “Schutzhäftlinge” unter.

Das Konzentrationslager Fuhlsbüttel
1933-1936

Am 4. September 1933 wurde das Konzentrationslager Fuhlsbüttel, im Sprachgebrauch auch “Kola-Fu” genannt, von den Nationalsozialist:innen auf dem Gelände der Strafanstalten Fuhlsbüttel eingerichtet und unter die Bewachung von SS- und SA-Personal gestellt. Schon nach kurzer Zeit hatte das “Kola-Fu” den Ruf, ein besonders grausamer Ort des NS-Terrors zu sein.

Zu Beginn wurden hier insbesondere kommunistische und sozialdemokratische Regimegegner:innen und Widerstandskämpfer:innen aus der Hamburger Region inhaftiert, zunächst nur Männer, ab August 1934 auch Frauen. Aber auch Menschen aus anderen Verfolgtengruppen wurden im “Kola-Fu” inhaftiert, darunter Jüdinnen und Juden, Zeugen Jehovas, sogenannte “Asoziale”, “Berufsverbrecher” und Homosexuelle.

Zu den Konzentrationslagern in Fuhlsbüttel gehörten das als “Kola-Fu” berüchtigte Konzentrationslager Fuhlsbüttel, das Polizeigefängnis der Hamburger Gestapo und ein Außenlager des KZ Neuengamme.

Das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel 1936-1945

Mitte 1936 wurde das Konzentrationslager auf Befehl Heinrich Himmlers umbenannt in “Polizeigefängnis Fuhlsbüttel”, doch das änderte nichts an den Haftbedingungen. Da das Polizeigefängnis unter der Verwaltung der Gestapo stand, wurde es von vielen Überlebenden auch als das “Gestapo-Gefängnis” bezeichnet.

Neben den Personen aus den schon erwähnten Verfolgtengruppen waren hier auch mehrere hundert Jugendliche inhaftiert, die von den Nationalsozialist:innen als “Swing-Jugendliche” bezeichnet wurden und die in Hamburg besonders stark vertreten waren. Außerdem wurden auch hunderte ausländische Zwangsarbeiter:innen im Polizeigefängnis inhaftiert. Im April 1945 wurde das Polizeigefängnis geräumt und 750 Häftlinge auf einen sogenannten “Todesmarsch” in das Arbeitserziehungslager Nordmark in Kiel geschickt.

Neben den Konzentrationslagern waren die Strafanstalten Fuhlsbüttel ebenfalls Orte des NS-Terrors. Dazu gehörten ein Männergefängnis, ein Frauen- und ein Frauenjugendgefängnis sowie das Zuchthaus.

Das Zuchthaus 1933-1945

Die Zuchthausstrafe war eine schwere Form der Haftstrafe, die von deutschen Gerichten verhängt wurde. Ein Großteil der im Zuchthaus Fuhlsbüttel Inhaftierten waren “politische” Häftlinge und z.B. wegen “Gegnerschaft zum Nationalsozialismus” oder “Beteiligung am Widerstand” verurteilt worden. Im Unterschied zu anderen Strafanstalten in Fuhlsbüttel standen die Häftlinge hier unter der Aufsicht von Justizbeamten und nicht von Gestapo- oder SS-Angehörigen.

Vernehmungen durch die Gestapo, die mit Misshandlungen oder Folter einhergehen konnten, hatten sie daher nicht zu befürchten. Doch auch die Justizbeamten konnten die Inhaftierten schwer bestrafen, z.B. mit Isolationshaft. Auch die Inhaftierten des Zuchthauses waren dem Arbeitszwang ausgesetzt. Sie mussten oft stupide Tätigkeiten ausführen wie Tüten kleben oder Bast flechten oder sie wurden in Außenkommandos eingeteilt und z.B. im Straßenbau oder bei der Trümmerbeseitigung eingesetzt.

Zahlreiche Zeitzeugenberichte belegen systematische Misshandlungen, Folter und Mord an den Häftligen. Über 200 Menschen wurden in den Konzentrationslagern und Strafanstalten Fuhlsbüttel ermordet. Die genaue Zahl ist nicht bekannt.

Das Außenlager des KZ Neuengamme 1944/45

Am 25. Oktober 1944 bis 15. Februar 1945 wurde ein Außenlager des KZ Neuengamme im Zuchthausgebäude in Fuhlsbüttel errichtet. Hier wurden über 1.300 männliche Häftlinge inhaftiert und vom SS-Personal aus dem KZ Neuengamme überwacht.

Die Männer lebten unter unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen und wurden zu schwerer Zwangsarbeit in Hamburg eingeteilt, etwa in Bombensuchkommandos oder bei der Trümmerbeseitigung und Leichenbergung. In den vier Monaten seines Bestehens starben im Außenlager Fuhlsbüttel des KZ Neuengamme etwa 270 Männer.

Die Gedenkstätte heute

Noch heute ist auf dem Gelände der ehemaligen Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel eine Justizvollzugsanstalt in Betrieb. Im 1879 erbauten, ehemaligen Eingangsgebäude zu den Strafanstalten, einem zweitürmigen Torhaus, wurde 1987 die Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel eingerichtet. Sie wurde im Jahr 2003 neu gestaltet und ist heute eine Einrichtung der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen. Die Gedenkstätte zeigt die Geschichte des Ortes und erinnert auf Gedenktafeln an die Namen der Verfolgten.

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Mehr erfahren: Lore Wolf

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“Die Grenzen der Länder überschritt ich wie früher die Schwelle meiner Wohnung, nur die Gefahr, verhaftet zu werden, wuchs von Jahr zu Jahr. Hunger und Einsamkeit wurden vertraute Gefährten.” Lore Wolf entscheidet sich 1933, nicht einfach zuzusehen, wie die Nationalsozialist:innen ihre Propaganda verbreiten, Mitglieder der KPD und SPD verfolgen und Unschuldige in Konzentrationslagern ermorden. Sie opfert ihr eigenes Glück und setzt ihr Leben aufs Spiel, um gegen den Faschismus zu kämpfen. Als die Gestapo sie schließlich erwischt, muss sie mehrere Jahre in Einzelhaft verbringen. Doch sie überlebt und ihr Kampf geht weiter: gegen das Vergessen und für eine gerechtere Zukunft.

Autorin: Lena Knops

Die Gedenkstätte Fuhlsbüttel online:

Sekundärliteratur

Herbert Diercks, Die Gedenkstätte Konzentrationslager
und Strafanstalten Fuhlsbüttel 1933–1945 – Geschichte des Ortes und Entwicklung, Hamburg 2021.

BILDQUELLEN

Gedenkstätte

Natalia Kataeva, Ausstellung der Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel, Hamburg 2023, Nr. 151, Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

Luftbild

Luftbild Strafanstalten Fuhlsbüttel, ca. 1930, Staatsarchiv Hamburg, 720-1/343-1/L0000973.

Porträt Lore und Hannelore Wolf, ca. 1937

Fotograf:in unbekannt, Porträt Lore und Hannelore Wolf, ca. 1937, Studienkreis Deutscher Widerstand 1933–1945 e.V.

Torhaus 2020

Rainer Viertlböck, Torhaus Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel, Hamburg 2020, Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

Zuchthaus Fuhlsbüttel, Hofappell

Zuchthaus Fuhlsbüttel Hofappell, ca. 1939, mit freundlicher Genehmigung Gefängnismuseum Hamburg.

Zuchthaus Fuhlsbüttel, Zellengang

Zuchthaus Fuhlsbüttel, Zellengang, ca. 1939, mit freundlicher Genehmigung Gefängnismuseum Hamburg.