1944

GETÖTET

Baptist Weil, Ausschnitt aus der Kölner Gerichtszeitung, 1930.

Baptist Weil wurde in der Weimarer Republik mehrfach wegen Straftaten verurteilt. Als er 1934 aus der Haft entlassen wird, hat sich Deutschland sehr verändert. Eine Chance auf einen Neubeginn geben ihm die Nazis nicht. Er wird als “Berufsverbrecher” überwacht und in “Vorbeugungshaft” genommen, obwohl er keine weiteren Straftaten begangen hat. Nach über sieben Jahren im Konzentrationslager wird er in die berüchtigte “SS-Sonderformation Dirlewanger“ überstellt und so, wie es die Nazis ausdrücken, „einer nützlichen Verwendung während des Krieges zugeführt“. Er stirbt im August 1944 an der Ostfront.

29. Dezember 1899

Rheinische Fachwerkhäuser in Frechen-Oberdorf, 1927.

Nur wenige Tage vor der Jahrhundertwende wird Baptist Weil in Frechen, nahe Köln, als dritter Sohn der Familie geboren. Zwei weitere Jungs werden noch dazu kommen. Vater Johann ist Bauhilfsarbeiter, einen Beruf hat er nicht gelernt. Mutter Agnes, geb. Herz, die Sohn Karl in die Ehe gebracht hat, kümmert sich um Haushalt und Familie. Die Familie lebt in einfachen Verhältnissen in einem Haus, das für Arbeiterfamilien gebaut wurde.

19. Februar 1914

Deutsche Soldaten in einem Schützengraben im Ersten Weltkrieg.

In einem Klima von Armut und Chancenlosigkeit fehlen Baptist und seinen Brüdern der Zugang zu Bildung und Arbeitsmöglichkeiten. Auf der Suche nach Möglichkeiten rutscht Baptist in die Kriminalität ab. Als er gerade einmal 15 Jahre alt ist, wird er zum ersten Mal wegen einer Straftat, der gefährlichen Körperverletzung, verurteilt. Ein Kölner Gericht entscheidet, dass er entweder 6 Mark zahlen oder zwei Tage im Gefängnis verbringen muss. Was genau passiert ist, ist heute nicht mehr bekannt. Einige Monate später, im Juli 1914, bricht der Erste Weltkrieg aus.

1918

Johann Weil in Uniform (Erster Weltkrieg).

Drei Jahre später, als Baptist 18 und sein Bruder Johann 19 ist, ist ihre Kindheit mit einem Schlag vorbei. Die Brüder werden zum Kriegsdienst einberufen und an die Westfront geschickt. Der Krieg ist unerbittlich. Beide Brüder erleiden Verletzungen an den Händen. Baptist fehlen Teile von Daumen und Zeigefinger an der rechten Hand. Ist es ein „Heimatschuss“ gewesen, also eine selbst zugefügte Verletzung, mit der Baptist seine Ausmusterung herbeiführen wollte? Das jedenfalls behauptet später die Polizei. Die Wahrheit darüber kennt man heute nicht. Klar ist, Baptist wird aufgrund der Verletzung nach Hause geschickt und hat den Krieg wie sein Bruder Johann überlebt.

1920er Jahre

Strafregisterauszug von Baptist Weil mit Auflistung seiner Straftaten von 1914 bis 1931.

Zwischen den Jahren 1914 und 1930 wird Baptist elf Mal für Straftaten verurteilt. Die meisten Straftaten begeht er in der ersten Hälfte der 1920er Jahre. Meist handelt es sich um Diebstahl, den er gemeinsam mit anderen begeht. Im April 1921 bricht er in eine Gaststätte in Frechen ein und stiehlt Getränke und Rauchwaren. Im November 1923 überfällt er den Lieferwagen eines Schlachthofs. Das Raubgut: 213 Pfund Speck. In der Nacht auf den Heiligabend 1923 bricht er in die Geschäftsräume einer Genossenschaft ein. Auch Misshandlung, gefährliche Körperverletzung, Jagdvergehen (d. h. Wilderei), Landfriedensbruch und Beleidigung stehen auf der Liste seiner Straftaten. Was genau geschehen ist bei diesen Straftaten, ist nicht mehr bekannt. Immer wieder wird er zu Gefängnishaft verurteilt. Auch Baptists Bruder Johann wird mehrfach verurteilt. Er ist außerdem als Kommunist bekannt – über Baptists politische Einstellung weiß man nichts. Wenn es Arbeit für die Brüder gibt, arbeiten sie als ungelernte Bauhilfsarbeiter, so wie ihr Vater.

6. Oktober 1930

Kirmes mit Kettenkarussell und Riesenrad, um 1930/1945.

Der 6. Oktober 1930 wird zu einem Schicksalstag für Baptist. Eigentlich soll es ein vergnüglicher Tag werden. Er besucht mit einigen seiner Brüder und seinem Freund Josef Schiefer das Frechener Volksfest, es gibt Fahrgeschäfte und Buden, der katholische Arbeiterverein St. Severin hat im Lokal „Enkel” eine Tanzveranstaltung organisiert. Doch dann wird die Polizei verständigt: Paul Raaf hat eine Schnittwunde im Gesicht und gibt an, dass er mit seinem Schwager Josef Weil aneinandergeraten ist und nun Ärger von seinem älteren Bruder Johann befürchtet. Also sehen vier Polizisten, Oberwachtmeister Heinrich Dahmen, Johann Deckstein, Peter Kaiser und Karl Krumm, mal nach dem Rechten auf dem Volksfest. Als sie ankommen, ist alles friedlich, die Besucher:innen feiern gemeinsam. Doch die Polizisten werden hier nicht von allen gern gesehen. Johann begrüßt den Polizisten Deckstein mit den Worten „Tag Hannes” und Baptist stimmt ein bekanntes Spottlied an. In seinem rheinischen Dialekt singt er: „Da steht ein Schutzmann, da steht ein Schutzmann, der hat den ganzen Tag noch nichts getan.” Aus Sicht der Polizisten eine eindeutige Provokation.

Wenig später

Eröffnungstanz bei einer Kirmes in den 1940er Jahren.

Die Stimmung zwischen den Polizisten und einigen Besucher:innen des Volksfestes, unter ihnen Baptist, seine Brüder und Freund Josef Schiefer, wird immer gereizter. Es fliegen Beleidigungen, Fäuste und Gummiknüppel. Viele Zeug:innen werden später der Polizei berichten, was sie an dem Abend gesehen haben, aber ihre Aussagen decken sich nicht ganz. Es ist eine schwer zu überblickende Situation, die Gewalt spielt sich sowohl drinnen im Lokal als auch draußen auf dem Volksfest ab. Im Lokal „Enkel” eskaliert die Situation, Stühle fliegen, Gläser gehen zu Bruch, der Tisch mit der Tageskasse wird umgestoßen und der Kassierer klaubt die Münzen hektisch vom Boden auf. Baptist ringt mit dem Polizisten Karl Krumm, dann fällt ein Schuss. Baptist hat Karl Krumm aus nächster Nähe in den Bauch geschossen. Er stirbt noch an Ort und Stelle. Baptist flieht in den Wald.

11. Oktober 1930

Baptist und Johann Weil auf der Titelseite der Kölner Gerichtszeitung, 1930.

Vier Tage ist es her, seitdem Baptist, sein Bruder Johann und Josef Schiefer im Tumult des Volksfestes geflüchtet sind. Baptist ist von der Polizei zur Fahndung ausgeschrieben worden, es ist eine hohe Belohnung ausgesetzt. Dann stellen sich die Brüder bei der Kölner Kriminalpolizei am Weidenbach selbst. Bewusst nicht in Frechen, denn dort befürchten sie Polizeigewalt. Wohl nicht zu Unrecht: In Frechen erzählt man sich später, dass Josef, der sich bereits am Tag nach der Tat bei der Frechener Polizei gestellt hatte, dort misshandelt worden sei. Baptist wird in Untersuchungshaft genommen.

28. Mai 1931

Ein Zeitungsartikel über den Prozessbeginn im Fall Baptist Weil im Kölner Lokal-Anzeiger vom 28. Mai 1931.

Am 28. und 29. Mai 1931 findet die Hauptverhandlung im Prozess gegen Baptist vor dem Schwurgericht Köln statt. Der Gerichtssaal ist voll. Viele Menschen beobachten den Prozess und auch die Presse ist vor Ort und berichtet ausführlich. Es sind 40 Zeug:innen geladen. Viele weisen auf das gewalttätige Verhalten der Frechener Polizisten hin – das interessiert die Presse besonders. Die Staatsanwaltschaft plädiert auf vorsätzlichen Totschlag und fordert fünfeinhalb Jahre Zuchthaus. Baptists Anwalt plädiert auf Notwehr. Baptist sagt aus, dass sich der Schuss von ihm unbeabsichtigt gelöst hat. Die Schusswaffe habe er nur bei sich gehabt, weil er Streit mit einem Mann gehabt habe und sich im schlimmsten Fall selbst verteidigen wollte.

29. Mai 1931

Das Gefängnis Klingelpütz in Köln von 1935.

Das Gericht kann nicht beweisen, dass Baptist mit Vorsatz gehandelt hat. Damit ist das Urteil des vorsätzlichen Totschlags vom Tisch. Aber auch das Handeln aus Notwehr kann nicht bewiesen werden. Am Ende des Prozesses steht das zwölfte und letzte Gerichtsurteil für Baptist fest: Dreieinhalb Jahre Haft wegen fahrlässiger Tötung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und verbotenen Waffenführens. Das Gericht nimmt Stellung zur Polizeigewalt: Die Frechener Polizei habe „etwas rücksichtsvoller sein können”. Auch Bruder Johann Weil und Freund Josef Schiefer werden verurteilt, jeweils wegen Widerstands zu vier Wochen Haft. Baptist tritt seine Strafe im Kölner Klingelpütz an.

14. Juli 1933

Das Foto von 1932 zeigt verhaftete Kommunisten in Frechen. Darunter auch der festgenommene Johann Weil (hintere Reihe, links).

Ein halbes Jahr nach der nationalsozialistischen Machtübernahme haben sich die Dinge auch in der kleinen Stadt Frechen verändert. Alle wichtigen Ämter sind neu mit Personen besetzt worden, die im Sinne des Nationalsozialismus handeln. Im Sommer 1933 richtet sich der nationalsozialistische Terror gegen Kommunist:innen und Menschen, denen eine kommunistische Einstellung unterstellt wird. Sie werden verhaftet und zum “Spezialverhör” an die SA und SS übergeben. Ein Euphemismus, der die Wahrheit verschleiern soll: Folter. Die Schmerzensschreie sind so laut zu hören, dass sich die Anwohner:innen beschweren. Von da an finden die Verhöre in einer stillgelegten Fabrik statt. Viele werden in “Schutzhaft” genommen: ein Mittel der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, das es der Polizei erlaubt, Personen auch ohne das Vorliegen einer Straftat in Haft zu nehmen. Am 14. Juli 1933 wird auch Johann Weil verhaftet, der als Kommunist bekannt ist. Er wird als “Schutzhäftling” im selben Gefängnis inhaftiert, in dem sein Bruder Baptist noch seine Strafe absitzt.

Wer waren die “Berufsverbrecher”?

Es fällt leicht, sich Menschen, die in einem KZ inhaftiert waren, als Helden vorzustellen. Mutige Widerstandskämpfer:innen, oder Menschen, die unschuldige Opfer von Rassenwahn wurden, wie Jüdinnen:Juden. Doch es waren auch Menschen in KZs inhaftiert, die sich nicht so leicht in eine Schublade stecken lassen. Darunter diejenigen, die in ihrer Vergangenheit Straftaten begangen hatten. Viele Geschichten der als “Berufsverbrecher” oder “Gewohnheitsverbrecher” Stigmatisierten erzählen von einer Kindheit in den schweren Jahren der Weltwirtschaftskrise, von Massenarbeitslosigkeit und finanzieller Not, von kinderreichen Familien und sozialem Elend. Von Menschen, die bettelten (was verboten war), Brot stahlen, um zu überleben, und Kohlen, um nicht zu erfrieren.

Doch was viele nicht wissen: Sie alle hatten ihre von den Gerichten verhängten Strafen längst in regulären Haftanstalten abgesessen, bevor sie in Konzentrationslager deportiert wurden, um dort “durch Arbeit vernichtet” zu werden. Ein Recht auf Rehabilitation gab es im Nationalsozialismus nicht. Denn die Nazis glaubten, dass manche Menschen “kriminelle Gene” in sich trügen und sie deshalb immer wieder Straftaten begehen würden. Sie glaubten auch, dass “kriminelle Gene“ vererbt werden könnten. Um zu verhindern, dass sich die als “erbgesund” bezeichnete “deutsche Rasse” mit diesen “schädlichen Genen” vermischte, sollten “Berufsverbrecher” aus der “Volksgemeinschaft” ausgeschlossen werden. Ziel war es, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Kriminalität und abweichendes Verhalten nicht existieren sollten.

Auch Jahrzehnte nach dem Ende des NS-Regimes war es keine Selbstverständlichkeit zu sagen: Niemand war zu Recht in einem Konzentrationslager inhaftiert und dort den menschenunwürdigen Behandlungen, Folter und Mord ausgesetzt. Auch nicht überführte Straftäter:innen. „Crimes against criminals are still crimes”, schrieb Historiker Nikolaus Wachsmann.

Zum Begriff “Berufsverbrecher”

Die Nationalsozialist:innen bezeichneten Mehrfachstraftäter:innen, definiert als Personen, die innerhalb von fünf Jahren mindestens drei Mal zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, als “Berufsverbrecher”. Sie wurden verdächtigt Straftaten zu begehen, um ihren Lebensunterhalt dadurch zu decken. Meistens hatten die Personen Eigentumsdelikte (Diebstahl, Hehlerei, Betrug, Urkundenfälschung) und seltener Sittlichkeitsverbrechen (Sexualstraftaten, z. B. auch homosexuelle Handlungen) begangen. Wegen Gewaltverbrechen wie Körperverletzung oder Mord verurteilte Personen wurden hingegen nur in Einzelfällen als “Berufsverbrecher” bezeichnet. Ein Grund dafür ist, dass bei den begangenen Delikten das für die Stigmatisierung der “Berufsverbrecher” ausschlaggebende Motiv der “Gewinnsucht” fehlte. Schon in den 1920er Jahren, also bereits vor der nationalsozialistischen Machtübernahme, wurde der Begriff “Berufsverbrecher” verwendet.

Der Begriff ist, genauso wie der Begriff “Asoziale”, eine von außen auferlegte, diskriminierende Fremdzuschreibung. Die Verwendung dieser Begriffe ist heute, auch in Anführungszeichen gesetzt, in der historischen Forschung umstritten. Eine Selbstbezeichnung, auf die Forscher:innen stattdessen zurückgreifen würden, gibt es jedoch nicht – auch, da sich die Betroffenen selbst nicht als Gruppe verstehen. Der Verband für das Erinnern an die verleugneten Opfer des Nationalsozialismus (vevon), der sich seit seiner Gründung 2023 für das respektvolle Erinnern einsetzt, schlug vor, von den „Verleugneten” zu sprechen.

28. April 1934

Ein Rheinschiff mit nationalsozialistischer Beflaggung.

Als Baptist Mitte April 1934 nach verbüßter Haft aus dem Gefängnis entlassen wird und eine Wohnung in Köln bezieht, ist das Land ein ganz anderes, als es bei seinem Haftantritt war. Seit über einem Jahr ist Deutschland jetzt fest in der Hand der Nationalsozialist:innen. Und das wirkt sich nun direkt auf Baptists Leben aus. Wäre er in der Weimarer Republik oder in unserer heutigen Demokratie aus der Haft entlassen worden, wäre er danach ein freier Mann gewesen. Rehabilitiert, mit der Chance auf einen Neuanfang. Doch in der NS-Diktatur sieht es ganz anders aus. Nur wenige Tage nach seiner Entlassung, am 28. April 1934, beginnt die Kölner Kriminalpolizei damit, Baptist zu überwachen. Um eine Anstellung hat sich Baptist wohl schon während der Haft gekümmert. Er fängt direkt nach seiner Entlassung an, bei dem Schausteller Arno Hasskarl zu arbeiten.

Die systematische Verfolgung von
“Berufsverbrechern” im NS: Überwachung

Bereits in den 1920er Jahren wurde in Deutschland die Frage diskutiert, ob man Wiederholungstäter:innen, die damals schon als “Berufsverbrecher“ stigmatisiert wurden, präventiv in Haft nehmen sollte. In einem rechtsstaatlichen System wie der Weimarer Republik war das jedoch nicht möglich. Dies änderte sich im nationalsozialistischen Unrechtssystem. Die Betroffenen wurden nun offiziell erfasst und polizeilich überwacht. Straftäter:innen verbüßten ihre Strafe zunächst in Gefängnissen und konnten anschließend in die sogenannte “Sicherungsverwahrung“ überführt werden. Diese Maßnahme wurde von einem Richter in einem regulären Gerichtsverfahren angeordnet, sofern der Betroffene als “gefährlicher Gewohnheitsverbrecher“ eingestuft wurde. Die rechtliche Grundlage bildete das am 24. November 1933 erlassene „Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher“ („Gewohnheitsverbrechergesetz”). Darin hieß es: „Wird jemand (…) als ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.“ Doch das war erst der Anfang der systematischen Verfolgung der “Berufsverbrecher”.

Das “Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher” vom 24. November 1933.
Das „Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher” vom 24. November 1933.

5. Juni 1934

Auszug aus der Polizeiakte: Auflistung von Baptist Weils Verurteilungen, Juni 1934.

Im Zusammenhang mit Baptists polizeilicher Überwachung schickt der Frechener Polizeikommissar Meiser eine Beurteilung über Baptist an seine Kölner Kollegen. Neben einer Auflistung von Baptists Verurteilungen ist auch eine Beurteilung von Baptists Charakter enthalten, die der NS-Ideologie entspricht: „Weil, dem die Gesetze, der Ordnungsstaat und jedes Recht fremde Begriffe sind, ist ein typischer Vertreter des Untermenschentums. Er ist äußerst gewalttätig und schreckt vor rücksichtslosem Gebrauch der Schusswaffe nicht zurück, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt.

24. August 1934

Ein irrtümlich an Johann Weil adressiertes Schreiben der Kölner Kriminalpolizei wurde auf Baptist Weil korrigiert, der es auch unterschreibt; es betrifft seine Aufnahme in die Liste zu überwachender Berufsverbrecher.

Baptist wurde in die „Liste der zu überwachenden Berufsverbrecher” aufgenommen. Die Kölner Kriminalpolizei hat ihn geladen. Ihm wird mitgeteilt: Er darf seine Wohnung in der Kölner Winterbergstraße 79 zwischen 23 und 6 Uhr von nun an ohne polizeiliche Genehmigung nicht mehr verlassen. Außerdem muss er seinen Schlüssel aushändigen, „zu Kontrollzwecken“. Sollte er diese Auflagen verletzen, würde das „vorbeugende Polizeihaft” und die „Überführung in ein Konzentrationslager” nach sich ziehen. Das alles wird ihm auch nochmal schriftlich ausgehändigt, er muss den Empfang quittieren. Doch aus einer der Auflagen ergibt sich ein großes Problem für Baptist: Er muss nämlich oft abends arbeiten. Wird die Kriminalpolizei dafür vielleicht eine Ausnahme machen können?

24. August 1934

Brief von Baptists Arbeitgeber Arno Hasskarl an den Polizeipräsidenten Köln, 24. August 1934.

Noch am selben Tag versucht Baptist, das mit seiner Arbeitsstelle zu regeln. Sein Arbeitgeber, der Schausteller Arno Hasskarl, will sich bei der Kölner Kriminalpolizei für Baptist einsetzen und schreibt einen Brief: „Baptist Weil (…) ist in meinem Geschäft ‚Spielhalle‘ seit dem 24.4.34 als Angestellter tätig (…). Baptist Weil ist fleißig, ehrlich und anständig und kann ich demselben nur das beste Zeugnis ausstellen. Da wir uns fortwährend auf Reisen befinden, (…) so ist es Weil nicht möglich, sich zur Nachtzeit in seiner Wohnung aufzuhalten. Höflichst bitte ich, solange Baptist Weil bei mir in seiner Stellung ist, von dieser Maßnahme Abstand zu nehmen, damit selbiger ungehindert in meinem Betrieb tätig sein kann.“

November 1934

Gruppenfoto der Belegschaft der Brikettfabrik Grube Wachtberg I. im Fabrikhof in Frechen, 1909.

Der Brief von Baptists Arbeitgeber Arno Hasskarl wird von der Kölner Kriminalpolizei zu den Akten gelegt, ein Antwortschreiben findet sich darin nicht. Der Brief ändert nichts. Weil er aufgrund der Auflage der Polizei abends seine Wohnung nicht mehr verlassen darf, ist Baptist gezwungen, seine Anstellung aufzugeben. Im November 1934 zieht er zurück nach Frechen und wohnt im Haus seiner Mutter. Arbeit findet er zwischenzeitlich bei einem seiner Brüder, der Briketthändler ist, und bei dem Frechener Bauunternehmer Adam Hochkirchen. Straffällig wird der mittlerweile 35 Jahre alte Baptist nicht mehr. In der Liebe hat er Glück: Im Jahr 1935 lernt er seine spätere Ehefrau Therese kennen.

7. November 1936

Baptist und seine Freundin Theresia „Therese“ Augusta Moezyk erwarten ein Kind. Sie heiraten am 7. November 1936 in Frechen. Zu dieser Zeit ist Baptist gerade wieder arbeitslos geworden.

9. März 1937

Dokument der Kriminalpolizeidienststelle Köln über die Einstufung Baptist Weils als “Berufsverbrecher”,
25. Mai 1937.

Am frühen Morgen des 9. März 1937 steht ein Polizist vor Baptists und Thereses Wohnung. Baptist wird unter dem Vorwand, zu einem Verhör geladen zu sein, mit auf die Wache genommen. Doch in Wirklichkeit nimmt die Frechener Polizei Baptist, seinen Freund Josef Schiefer, dessen Bruder Gerhard sowie weitere vorbestrafte Personen an diesem Morgen fest. Sie werden in sogenannte “vorbeugende Polizeihaft“ genommen. Das geschieht nicht spontan, sondern im Rahmen einer geplanten, deutschlandweiten Razzia, die sich gegen “Berufsverbrecher“ richtet. Die Kölner Kriminalpolizei kommentiert über Baptist zynisch, nur eine „längere Vorbeugungshaft“ könne ihn „zur besseren Lebenshaltung“ zwingen. Doch in Wirklichkeit geht es dem Regime nicht um Erziehung oder darum, Menschen zu einem ehrlichen Leben zu verhelfen. Vielmehr verfolgt das Regime nur ein Ziel: Die Ausbeutung und Ermordung von Menschen, die es aus der “Volksgemeinschaft” ausschließen will. Baptist verbringt die Nacht im Kölner Gefängnis Klingelpütz.

Die systematische Verfolgung von
“Berufsverbrechern” im NS: Haft

Am 13. November 1933 trat ein Geheimerlass in Kraft, der die rechtliche Grundlage für die “Vorbeugungshaft“ von “Berufsverbrechern“ schuf. Diese “Vorbeugungshaft” musste nicht von einem Richter, sondern konnte direkt von der Polizei angeordnet werden. Nach Verbüßung der Haftstrafen wurden die Täter:innen nicht entlassen und, wie es heute üblich wäre, resozialisiert. Stattdessen wurden sie ohne ein Gerichtsurteil in die “Vorbeugungshaft“ überführt, die in einem Konzentrationslager vollstreckt wurde. Diese Haft war unbefristet und konnte nicht durch Rechtsmittel angefochten werden. Es war nicht notwendig, dass eine Straftat begangen wurde oder auch nur ein Verdacht bestand. Die Betroffenen wurden mit einem grünen Winkel zwangsgekennzeichnet und im Lagerjargon als “BVler“ bezeichnet. Die systematische Verfolgung von “Berufsverbrechern“ wird auch durch eine großangelegte Razzia deutlich, die am 9. März 1937 stattfand. Heinrich Himmler hatte die Festnahme von 2.000 Personen angeordnet, die anschließend in verschiedene KZ deportiert wurden.

Ein grünes Dreieck mit einem "S" in der Mitte. Abzeichen der als “Berufsverbrecher” stigmatisierte Menschen auf den Häftlingsjacken tragen mussten.
Ein grüner Winkel, den als “Berufsverbrecher” stigmatisierte Menschen auf den Häftlingsjacken tragen mussten.

10. März 1937

Der Appellplatz im KZ Sachsenburg, im Juli 1933 aus einem Versteck mit einem Teleobjektiv heimlich fotografiert von Rudi Seidel.

Am nächsten Tag wird Baptist als “Vorbeugungshäftling” in das KZ Sachsenburg bei Chemnitz deportiert. Es ist eines der frühen Konzentrationslager und das größte in Sachsen. Die “Berufsverbrecher” tragen hier neben dem roten Winkel, die alle Insassen tragen müssen, zusätzlich einen grünen Streifen an der blau-grau gestreiften Häftlingskleidung. Zwangsarbeit leisten die Häftlinge hier unter anderem in einem Steinbruch. Baptist scheint sich dem Ernst der Lage noch nicht bewusst zu sein. Er bittet seine Frau Therese per Brief um das Fahrgeld nach Hause, das sie ihm auch zwei Mal zuschickt.

27. April 1937

Wenige Wochen nach Baptists Inhaftierung wird in Frechen ihre gemeinsame Tochter Anna Maria „Annemie” geboren. Therese sorgt sich sehr um die Gesundheit ihres kleinen Mädchens, da Annemie an einer Darmkrankheit leidet. Zudem belastet sie die Ungewissheit – wann wird Baptist wieder zu Hause sein und seine Tochter kennenlernen dürfen?

7. Juni 1937

Gnadengesuch von Therese Weil zur Entlassung ihres Mannes aus der Vorbeugehaft an Adolf Hitler, 07. Juni 1937.

Therese richtet ein Gnadengesuch an Hitler persönlich. Sie beschreibt, wie belastend die Situation für sie ist – die Inhaftierung ihres Ehemanns und die Pflege ihres kranken Neugeborenen – und bittet: „Möge der Führer des deutschen Volkes auch einer schwergeprüften Frau und Mutter die innige Bitte erfüllen und den Ehemann, der sich auf dem Lager Sachsenburg (…) befindet doch in kurzer Zeit die Freiheit schenken damit sie als Ehefrau doch Trost an seiner Seite (…) finden kann.“ An den Brief fügt Therese noch die Bemerkung an: „Mein Ehemann ist nur aufgrund früherer Vorstrafen verhaftet, die er aber schon lange verbüßt hatte.“ Ihr ist nicht bewusst, dass es für das NS-Regime gar keine Rolle spielt, ob Baptist seine Strafe schon verbüßt hat. Den Weg auf Hitlers Schreibtisch findet ihr Brief mutmaßlich nicht. Stattdessen wird er der Berliner Kriminalpolizei vorgelegt. Ein halbes Jahr später erfährt Therese nur, dass über ihr Anliegen noch nicht entschieden wurde. Es wird nicht ihr letztes Gnadengesuch gewesen sein.

23. August 1937

Effektenkarte von Baptist Weil im KZ Buchenwald, 1937.

Im Sommer 1937 wird das KZ Sachsenburg aufgelöst. Die 700 Insassen werden auf die KZ Sachsenhausen und Buchenwald aufgeteilt. Baptist wird am 23. August 1937 im KZ Buchenwald aufgenommen. Er erhält die Häftlingsnummer 2.259. Währenddessen erfährt Therese aus erster Hand, was wirklich im KZ vor sich geht. Denn einer der im März verhafteten Frechener, Adolf Neu, wird aus der Haft entlassen und berichtet Therese davon. Baptist schreibt Therese zwar auch viele Briefe, aber der Inhalt wird von der SS kontrolliert. Die Wahrheit darf er nicht schreiben.

21. Februar 1938

Schreiben von Baptists Halbbruder Karl Herz an den Lagerkommandanten des KZ Buchenwald mit Bitte um Haftentlassung, 1938.

Karl Herz, Baptists Halbbruder, schaltet sich nun auch in die Bemühungen der Familie ein, Baptists Freilassung zu erwirken. In einem Brief an den Lagerkommandanten des KZ Buchenwald schildert er, wie sehr Baptists Familie unter seiner Haft leidet, und betont Baptists Wunsch nach einem ehrlichen Neuanfang. Dann bringt er ein gewichtiges Argument für die Freilassung ein, das die nationalsozialistischen Machthaber doch umstimmen müsste: Er würde Baptist in seinem „gut gehenden Fuhrbetrieb“ einstellen und ihm so die Möglichkeit geben, den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern. Sein eigener Sohn könne derzeit nicht im Unternehmen mitarbeiten, da er beim Reichsarbeitsdienst (RAD) sei und sich anschließend für zwölf Jahre bei der Wehrmacht verpflichtet habe. Diese Argumentation ist klug gewählt: Sie spricht einerseits die dem NS-Regime gehorsam verpflichtete Familie an und garantiert andererseits eine berufliche Perspektive für Baptist. Karls Brief wird der Kriminalpolizei in Berlin vorgelegt. Lässt man sich dort umstimmen? Nein. Die Antwort des zuständigen Beamten lautet nüchtern und ohne Begründung: „Ich habe auf das Gesuch des Karl Herz (…) abschlägigen Bescheid erteilt.“

4. November 1938

Effektenkarte (mit Rückseite) von Baptist Weil im KZ Flossenbürg, 1938. Darauf sind der grüne Winkel und das Kürzel "BV" für "Berufsverbrecher" erkennbar.

Baptist wird in das KZ Flossenbürg überstellt, das im Oberpfälzer Wald in Bayern gelegen ist. Er erhält die Häftlingsnummer 839. Ein halbes Jahr vor Baptists Ankunft waren rund 200 Männer aus dem KZ Dachau hierhin verschleppt worden, die meisten von ihnen wie Baptist mit dem grünen Winkel der “Berufsverbrecher” zwangsgekennzeichnet. Ihre Aufgabe war es, das Lager aufzubauen und einen Granit-Steinbruch zu erschließen. Dort müssen die Häftlinge nun körperlich besonders belastende Zwangsarbeit verrichten. Der Lageralltag ist geprägt von menschenverachtender Schikane und Folter. Wie lange kann Baptist hier überleben?

11. Mai 1939

Brief des Frechener Bürgermeister Dr. Walter Küper an die Kriminalpolizeistelle Köln, 13. Mai 1939.

Der Frechener Bürgermeister Dr. Walter Küper schaltet sich in Baptists Sache ein. Therese hat sich ein paar Tage zuvor in einem Brief an ihn gewandt. Wie lange soll sie der kleinen Annemie, die jetzt zwei Jahre alt ist, noch vormachen, dass der Papi im Krankenhaus ist, fragt sie ihn. Bürgermeister Küper wendet sich an die Kriminalpolizei Köln: „Mit Rücksicht darauf, dass Weil schon über zwei Jahre in Vorbeugungshaft untergebracht ist, nehme ich an, dass er sich gebessert hat. Im Hinblick auf die im Gesuch geschilderten Verhältnisse befürworte ich die Entlassung, zumal Weil sofort Arbeit erhalten kann.“ Wenige Wochen später erhält Therese eine Standardantwort von der Berliner Kriminalpolizei: „(…) teile ich mit, dass ich Ihrem Wunsche auch heute nicht entsprechen kann, weil der mit der polizeilichen Maßnahme angestrebte Zwecke noch nicht erreicht ist. (…) Von weiteren Gesuchen wollen Sie Abstand nehmen, da die Frage der Entlassung zu gegebener Zeit von Amts wegen geprüft wird, ohne dass es einer besonderen Erinnerung bedarf.

Die systematische Verfolgung von
“Berufsverbrechern” im NS: Ermordung

Im Laufe der Zeit wurden “Berufsverbrecher” noch radikaler verfolgt. Ab September 1941 konnten sogenannte “gefährliche Gewohnheitsverbrecher“ sogar mit der Todesstrafe bestraft werden. Das Himmler-Thierack-Abkommen vom September 1942 führte zur Überführung von 20.000 Justizhäftlingen in KZ, mit dem Ziel der “Vernichtung durch Arbeit“. Diese systematische Mordaktion überlebten viele nicht.

Genaue Opferzahlen sind nicht bekannt, jedoch geht die historische Forschung davon aus, dass mindestens 70.000 Menschen mit einem schwarzen oder grünen Winkel in KZ inhaftiert wurden. Zudem wurden “Berufsverbrecher“ auch Opfer von Zwangssterilisation und “Euthanasie“.

16. November 1943

Gesuch von Therese Weil an die Kriminalpolizei in Köln Weidenbach mit Bitte um Entlassung von Baptist Weil,
05. November 1941.

Therese ist verzweifelt. Zwar hat ihr die Kriminalpolizei Berlin schon mitgeteilt, dass sie doch bitte Abstand von weiteren Gnadengesuchen nehmen soll, aber sie bemüht sich trotzdem weiter um Baptists Entlassung. Bislang konnten ihre Bitten und Argumente nicht überzeugen. Doch da gibt es noch eine letzte, bittere Möglichkeit: Therese bittet für Baptist um die “Frontbewährung”, den lebensgefährlichen Einsatz an der Front. Sie schreibt: „Vielleicht wäre es möglich, dass mein Mann zu den Waffen eingezogen werden könnte, um an der Front dem ihm anhaftenden Makel durch besondere Treue wieder reinzuwaschen.“ Auch die Frechener Ortspolizei befürwortet Baptists Eintritt in die Wehrmacht gegenüber den Kölner Kollegen. Doch die Beamten von der Kriminalpolizei Köln haben nun offenbar genug. Therese wird mitgeteilt, dass ihre Gesuche nicht mehr an die Berliner Kriminalpolizei weitergereicht werden.

13. April 1944

Zeichnung des Überlebenden Henri Pieck, 1945: Juden ziehen einen schweren Waggon im KZ Buchenwald.

Baptist wird in das KZ Buchenwald zurück überstellt. Am 13. April 1944 kommt er dort an und erhält die Häftlingsnummer 42.993.

Juni 1944

Effektenkarte aus dem KZ Buchenwald von 1944 mit Hinweis, dass Baptist Weil am 4. Juni 1944 in die Formation Dirlewanger überstellt wird.

Buchenwald ist eines der Konzentrationslager, in dem die SS im Juni und Juli 1944 nach neuen Rekruten für die berüchtigte “SS-Sonderformation Dirlewanger“ sucht. Bereits seit über einem Jahr wird die Einheit regelmäßig auch mit KZ-Häftlingen erweitert. “Berufsverbrecher” werden neben anderen Verfolgtengruppen dafür bevorzugt ausgewählt. Einer der neuen Rekruten ist Baptist. Wie freiwillig seine Rekrutierung tatsächlich war, ist unklar. Sicher ist nur, dass Baptist in diesem Moment unter großem Druck steht. Für viele scheint die Rekrutierung ein Ausweg aus ihrer verzweifelten Lage zu sein. Die Angst, die KZ-Haft nicht länger zu überleben – vor allem angesichts des bereits absehbaren Kriegsendes – ist groß. Und sich widersetzen? Sich als KZ-Häftling dem Willen der SS entgegenzustellen, ist in jedem Fall mit enormen Risiken verbunden.

4. Juni 1944

Bescheinigung des Reichskriminalamts über die Überstellung von Baptist Weil vom KZ Buchenwald zur “Bewährung im Fronteinsatz”, 27. Juni 1944.

Am 4. Juni 1944 wird Baptist aus Buchenwald zur “Bewährung im Fronteinsatz” überstellt. Über Baptists Einberufung heißt es: „Ferner ist Einsatz in der Bewährungseinheit der Waffen-SS vorgesehen.“ Damit gilt Baptists “Vorbeugungshaft” als unterbrochen. Doch das bedeutet nicht, dass er entlassen ist: „Diese Verwendung bedeutet an sich noch keine Rehabilitierung, vielmehr ist diese abhängig von der Führung und Bewährung des Einzelnen im Rahmen der Verwendung.“ Eine Entlassung ist also nur nach “längerer Frontbewährung” möglich – doch wer kann das in diesem Krieg noch überleben?

Die “SS-Sonderformation Dirlewanger” –
Überblick

Die “SS-Sonderformation Dirlewanger“ war benannt nach ihrem Kommandeur SS-Oberführer Oskar Dirlewanger. Er trat bereits 1923 in die NSDAP ein, wurde 1932 Mitglied der SA und 1940 in die Waffen-SS übernommen. Dirlewanger war mehrfach vorbestraft und u. a. 1934 wegen „Verführung einer abhängigen Minderjährigen“ verurteilt worden. Im Juni 1940 beauftragte Heinrich Himmler ihn mit der Zusammenstellung einer Sondereinheit im KZ Oranienburg, die zunächst nur aus vorbestraften Wilddieben bestand. In den folgenden Jahren war die Einheit an der “Partisanenbekämpfung” im heutigen Belarus und 1944 an der Niederschlagung des Warschauer Aufstands beteiligt. Angehörige der “SS-Sonderformation Dirlewanger“ waren maßgeblich an der Ermordung wehrloser Zivilist:innen beteiligt. Die Einheit stand im Ruf, besonders brutal vorzugehen. Ab 1942 liefen Ermittlungsverfahren wegen der Grausamkeiten der Einheit vor einem höheren SS-Gericht, die Himmler im Januar 1945 einstellen ließ. Auch Dirlewanger selbst war innerhalb der SS stets umstritten. Er starb nach kurzer Flucht und Gefangennahme im Juni 1945 im Arrest in Württemberg.

Porträtfoto von SS-Oberführer Oskar Dirlewanger, 1944.
Porträtfoto von Oskar Dirlewanger, 1944.

Juli 1944

Ein Zählappell im KZ Sachsenhausen, 1941.

Baptist wird mit den anderen Rekruten im KZ Sachsenhausen zusammengelegt. Dort erhalten sie eine rudimentäre Ausbildung. Dann geht es nach Minsk. Baptist wird als Panzergrenadier an der Ostfront eingesetzt. In der zynischen Ausdrucksweise der Nazis heißt es: „Nach einer kurzen aber scharfen Ausbildung wird dieses Sonderkommando in den nächsten Tagen in den besetzten Ostgebieten an besonders gefährlichen Stellen eingesetzt und somit einer nützlichen Verwendung während des Krieges zugeführt.“ Baptist schreibt Therese noch einige Briefe. Den letzten Brief erhält sie am 2. August 1944. Darin schreibt ihr Baptist, dass die Angehörigen seiner Truppe neu eingekleidet werden und sie bald wieder zum Einsatz müssen. Dann kommen keine Briefe mehr.

Die “SS-Sonderformation Dirlewanger” –
Rekrutierung und Einsatz von KZ-Häftlingen

Soldaten der “SS-Sonderformation Dirlewanger” hinter einer Barrikade beim Warschauer Aufstand, 1944.
Soldaten der “SS-Sonderformation Dirlewanger” hinter einer Barrikade beim Warschauer Aufstand, 1944.

Da die “SS-Sonderformation Dirlewanger“ bereits nach wenigen Monaten im Einsatz deutlich geschrumpft war, wurde sie mehrfach erweitert. Ab Mai 1943 begann man regulär damit, in verschiedenen Konzentrationslagern für die Einheit zu rekrutieren. Es wurden vor allem deutsche Häftlinge ausgewählt, die bereits längere Zeit inhaftiert waren. Neben den “Berufsverbrechern” gehörten auch “Asoziale”, Homosexuelle und ab 1944 politische Häftlinge zu den Rekruten. Viele Rekruten sahen in der “SS-Sonderformation Dirlewanger” einen Ausweg aus ihrer verzweifelten Lage und der Befürchtung, insbesondere vor dem absehbaren Kriegsende, die KZ-Haft nicht länger zu überleben. Manche hofften auch, nach der Einberufung desertieren oder sich freiwillig in Kriegsgefangenschaft begeben zu können, was einigen auch tatsächlich gelang. Es gibt Berichte von Häftlingen, die sich der Rekrutierung erfolgreich widersetzten, doch auch einen Augenzeugenbericht, der die Ermordung eines KZ-Häftlings schildert, der durch Flucht versuchte, sich der Rekrutierung zu entziehen.


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8. August 1944

Angehörige der SS-Sondereinheit Dirlewanger.

Am 8. August 1944 stirbt Baptist im Einsatz an der Front. Möglich ist, dass er noch aus Minsk mit seiner Truppe nach Warschau geschickt wurde, wo die Einheit an der Niederschlagung des Warschauer Aufstands beteiligt war. Genauere Umstände seines Todes sind nicht bekannt.

1946

Düren in Trümmern, ca. 1945.

Therese und ihre Tochter Annemie haben den Krieg überlebt, ebenso wie Baptists Bruder Johann. Er ist mittlerweile Vater von Zwillingen und hat in amerikanischer Kriegsgefangenschaft von Baptists Tod erfahren. Therese stellt 1946 einen ersten Antrag auf Wiedergutmachung, doch bis das Wiedergutmachungsverfahren entschieden wird, dauert es noch einige Jahre. Therese heiratet ein zweites Mal. 1947 bekommt sie ein zweites Kind. Sie wohnt jetzt in Düren bei Aachen.

Kontinuitäten der Ausgrenzung

Viele Menschen, die die nationalsozialistische Verfolgung als “Asoziale” und “Berufsverbrecher” überlebt hatten, erlebten bei ihrer Rückkehr zu ihren Familien Tabuisierung, Ablehnung und Scham. Oft wurde das Unrecht, das ihnen in den Konzentrationslagern widerfahren war, nicht als solches anerkannt. Vielmehr waren viele der Ansicht, dass die Betroffenen „zu Recht“ inhaftiert worden seien. Es dauerte Jahrzehnte, um diese fortwährende Stigmatisierung in der Gesellschaft zu überwinden. Selbst aus den Reihen anderer NS-Verfolgter erfuhren die “Berufsverbrecher” Ablehnung. Auf Mahnmalen wurden die grünen und schwarzen Winkel nicht berücksichtigt, und die Stimmen der Betroffenen blieben ungehört. Ein früher Versuch zur Selbstorganisation, initiiert von dem Maler Georg Tauber, der wegen seiner Drogensucht inhaftiert und als “Asozialer” in mehrere KZ deportiert wurde, scheiterte letztendlich.

Sowohl in der BRD als auch in der DDR setzten sich Diskriminierungen, beispielsweise von armutsbetroffenen Menschen, weiter fort. Das ist auch in der Gesetzgebung der 1960er Jahre zu sehen. Im Bundessozialhilfegesetz von 1961 wurden Sozialhilfeempfänger als “Gefährdete“ eingestuft, die „aus Mangel an innerer Festigkeit ein geordnetes Leben in der Gemeinschaft nicht führen können“. Diese “Gefährdeten” konnten in „einer geeigneten Anstalt“ per Gerichtsbeschluss eingewiesen werden, z. B. in dem Falle, dass „der Gefährdete besonders willensschwach oder in seinen Trieben besonders hemmungslos ist“. Weiter hieß es auch im Gesetz: „Weigert sich jemand trotz wiederholter Aufforderung beharrlich, zumutbare Arbeit zu leisten, und ist es deshalb notwendig, ihm oder einem Unterhaltsberechtigten laufende Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, so kann seine Unterbringung zur Arbeitsleistung in einer von der zuständigen Landesbehörde als geeignet anerkannten abgeschlossenen Anstalt (…) angeordnet werden.“ Dieser Paragraph wurde in den 1970er Jahren wieder aus dem Gesetz gestrichen.

1957

Erneuter Antrag auf Entschädigung von Therese Weil im Jahr 1957.

Nachdem das Bundesentschädigungsgesetz (BEG)in Kraft getreten ist, stellt Therese beim Amt für Wiedergutmachung im Kreis Düren einen Antrag auf Entschädigung für den Schaden an Leben, Körper und Gesundheit, Freiheit und im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen. Auch Annemie stellt einen Antrag auf Entschädigung. Doch es gibt ein großes Hindernis: Das BEG schließt Menschen, die als “Berufsverbrecher” verfolgt wurden, absichtlich von der Wiedergutmachung aus. Anspruchsberechtigt waren hingegen Menschen, die aufgrund ihres Glaubens oder ihrer “Rasse” verfolgt wurden, also z. B. Jüdinnen:Juden, sowie politisch Verfolgte. Therese versucht mutmaßlich vor diesem Hintergrund darzulegen, warum Baptist auch als politisch Verfolgter anerkannt werden müsste.

Wiedergutmachung

Nach Kriegsende wurden mehrere Verfolgtengruppen, darunter die als “Berufsverbrecher” verfolgten, absichtlich von der Wiedergutmachung ausgeschlossen. Erst im Rahmen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes (AKG-Härterichtlinien von 1988) hatten sie die Möglichkeit, eine Entschädigung zu beantragen. Im Gegensatz zu den Gruppen “Asoziale“, “Euthanasiegeschädigte“ und Homosexuelle wurden sie jedoch nicht ausdrücklich im Gesetz als anspruchsberechtigt erwähnt. Bis zum Jahr 2019 erhielten lediglich 46 Personen, die als “Berufsverbrecher“ verfolgt wurden, eine Entschädigung. Im Bundestagsbeschluss vom 13. Februar 2020 wurde beschlossen, den Betroffenen den Zugang zu Entschädigungen zu erleichtern. In diesem Zusammenhang wurden “Berufsverbrecher“ ausdrücklich in § 1 Absatz 1 der AKG-Härterichtlinie als legitime Leistungsempfänger:innen ergänzt.

Dennoch werden sie im Rahmen des AKG als „Opfer“ und nicht als „Verfolgte“ bezeichnet, im Gegensatz zu anderen im BEG anerkannten Gruppen, wie beispielsweise Jüdinnen:Juden oder politisch Verfolgte. Diese Unterscheidung impliziert, dass “Asoziale“ und “Berufsverbrecher“ als Verfolgte „zweiter Klasse“ angesehen werden, was für die Überlebenden und ihre Nachkommen verletzend sein kann. Aus diesem Grund wird die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses kritisiert. Seitdem wurde von den Betroffenen der Verfolgtengruppen “Asoziale“ und “Berufsverbrecher“ kein Antrag auf Entschädigung mehr gestellt. Aktuell würde eine bewilligte Entschädigung für die Betroffenen auf Grundlage des AKG eine einmalige Beihilfe von 2.556,46 Euro umfassen.

7. Oktober 1959

Der Landkreis Köln bezieht Stellung zu Therese Weils Entschädigungsantrag, 15. April 1958.

Die Gegenseite, der Landkreis Köln, bezieht Stellung zu Thereses Entschädigungsantrag. Thereses Ansicht, dass Baptist auch als politisch Verfolgter anerkannt werden müsse, wird widersprochen. Stattdessen wird Baptist auch dreizehn Jahre nach Kriegsende mit denselben erniedrigenden Worten wie in der NS-Zeit beschrieben. Das Wiedergutmachungsamt folgt der Argumentation. Am 7. Oktober 1959 folgt der erste Bescheid im Wiedergutmachungsverfahren: Thereses und Annemies Entschädigungsanträge werden als unbegründet abgelehnt. Baptist wird nicht als politisch Verfolgter anerkannt.

10. November 1967

Ablehnender Beschluss im Entschädigungsverfahren vom 10. November 1967.

Therese und Annemie wagen einen erneuten Vorstoß. Doch auch von der nächsthöheren Instanz, dem Entschädigungssenat des Oberlandesgericht Köln, werden ihre Entschädigungsansprüche im November 1967 abgelehnt. Das Gericht ist überzeugt, dass Baptist als “Berufsverbrecher” verfolgt und im KZ inhaftiert war und folgert: „Ihr Ehemann und Vater und damit mittelbar sie selbst sind zwar in rechtsstaatwidriger Weise geschädigt worden; das Bundesentschädigungsgesetz sieht aber keine allgemeine Wiedergutmachung jedweder nationalsozialistischen Unrechts vor, sondern macht die Entschädigung von den besonderen Gründen des § 1 BEG abhängig. Zu ihnen gehören nicht die Gründe für eine polizeiliche Vorbeugungshaft gegen sogenannte Berufsverbrecher.“

4. Dezember 1967

Beschwerdeschreiben von Therese und Annemie Weil gegen den ablehnenden Beschluss vom 10. November 1967.

Therese und Annemie sind geschockt und klagen an: „Wenn wir den Beschluss vom 10.11.1967 lesen haben wir die Überzeugung, dass Sie den Verstorbenen als Ehemann und Vater im Geiste NS Himmlers und seinen Taten und Verordnungen betrachten und die KZ Verschickungen mit Mord noch verherrlichen wollen (…) die Nazi Gesetze und Verordnungen sind 1945 beseitigt worden und heute will man dieselben wieder anwenden – arme Bundesrepublik.“ Damit kritisieren sie, dass sich die Bundesrepublik nicht auch in der Sache der Verfolgung der “Berufsverbrecher” deutlich vom NS-Regime distanziert. Unbestreitbar war Baptist verhaftet worden, ohne dass eine Straftat vorlag. Er war von 1937 bis 1944 in Konzentrationslagern inhaftiert und dort unmenschlichen Bedingungen ausgesetzt. Er war dann eingezogen und mutmaßlich als “Kanonenfutter” missbraucht worden. Die NS-Gewaltherrschaft überlebte er nicht. Doch die Bundesrepublik übernimmt im Jahr 1967 keine Verantwortung für diese Verbrechen des NS-Regimes. Das ablehnende Urteil bleibt bestehen.

13. Februar 2020

Reichstagsgebäude, Berlin 2024.

Erst am 13. Februar 2020 erkennt der Deutsche Bundestag Menschen, die als “Asoziale” und “Berufsverbrecher” verfolgt und ermordet wurden, als Verfolgte an. Dem vorausgegangen war eine Petition, die auch Petra Wilfert unterschreibt. Sie ist die Enkelin von Baptists Bruder Johann. Dass ein Bruder ihres Großvaters als “Berufsverbrecher” verfolgt worden ist, weiß sie zu dem Zeitpunkt gar nicht. In ihrer Familie wurde darüber nicht gesprochen. Erst als sie selbst anfängt zu recherchieren, findet sie mehr heraus. Man soll doch bitte die ganze Geschichte erzählen, wenn man über Baptist spricht, findet sie. Denn Baptist war nicht nur Täter, sondern auch Opfer des NS-Regimes.

Die Anerkennung der “Asozialen” und
“Berufsverbrecher” durch den
deutschen Bundestag

Der vom Deutschen Bundestag angenomme Antrag zur Anerkennung der von den Nationalsozialist:innen als “Asoziale” und “Berufsverbrecher” Verfolgten.
Der vom Deutschen Bundestag angenomme Antrag zur Anerkennung der von den Nationalsozialist:innen als “Asoziale” und “Berufsverbrecher” Verfolgten.

Am 13. Februar 2020 nahm der Deutsche Bundestag einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU und SPD mit dem Titel „Anerkennung der von den Nationalsozialisten als ,Asoziale‘ und ,Berufsverbrecher‘ Verfolgten“ an. Alle Fraktionen stimmten dafür – bis auf die AfD, die sich enthielt. Den Bundestagsbeschluss angestoßen hatte eine Petition, die von dem Sozialwissenschaftler und Nachkommen Prof. Dr. Frank Nonnenmacher und Unterstützer:innen 2018 ins Leben gerufen und von über 20.000 Menschen unterzeichnet wurde. Mit der Anerkennung beschloss der Bundestag, die als “Asoziale” und “Berufsverbrecher” Verfolgten „zukünftig stärker in das öffentliche Bewusstsein [zu] rücken und ihnen einen angemessenen Platz im staatlichen Erinnern [zu] verschaffen“. Ein zentraler Satz des Beschlusses lautet: „Niemand wurde zu Recht in einem Konzentrationslager inhaftiert, gequält oder ermordet.“ Jeder Mensch, der in einem KZ inhaftiert war, ist ein Opfer des nationalsozialistischen Unrechtssystems geworden. Das schließt auch Menschen, die mit dem schwarzen und grünen Winkel zwangsgekennzeichnet wurden, ein. So ist es seit dem Tag des Beschlusses nun auch offiziell die Haltung der Bundesregierung.

Was bedeutet dieser Beschluss für die Überlebenden und ihre Nachkommen? Es bedeutet eine späte – sehr späte – Anerkennung. Sie kam so spät, dass fast keine Überlebenden mehr da sind, die sich darüber freuen könnten. Aber immerhin kam die Anerkennung überhaupt. Es gibt zehntausende, vielleicht sogar hunderttausende Nachkommen, für die die Anerkennung etwas Positives bewirken kann. Sie kann dazu beitragen, die tief verwurzelten und zum Teil bis heute noch bestehenden Schamgefühle und das Schweigen in den Familien aufzubrechen und abzubauen. Denn gerade eine öffentliche Anerkennung ihres unverschuldeten Leidens ist für die Nachkommen dieser Verfolgtengruppe besonders wichtig, waren sie doch Jahrzehntelang mit dem Stigma konfrontiert, die “Berufsverbrecher” seien „zu Recht” im KZ inhaftiert gewesen.

Autorin: Lena Knops

Dank: Wir bedanken uns bei Petra Wilfert für ihr Engagement und die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

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WEITERE FÄLLE

Robert
Dorsay

Heinrich
Diehl

Trude
Nohr

Ingelore
Prochnow

Michele
Riggi

Ernst
Stojaspal

PRIMÄRQUELLEN

Staatliche Kriminalpolizei, Kriminalpolizeileitstelle Köln, Polizeiliche Vorbeugungshaft Baptist Weil, LAV NRW R, BR 2034 Nr. 1323.

Wiedergutmachungsakte Therese Bertrams, LAV NRW R, BR 3006 Nr. 1953.

ONLINEQUELLEN

Bundestagsbeschluss vom 13.02.2020 über die Anerkennung von “Asozialen” und “Berufsverbrechern” als NS-Opfer: bundestag.de.

Gedenkstätte Sachsenburg: gedenkstaette-sachsenburg.de.

Podcast: Deutschlandfunk, Die Verleugneten. Im KZ mit dem grünen und schwarzen Winkel, von Alexa Hennings, 17.10.2023: hoerspielundfeature.de.

Podcast: SWR2 Wissen, “Asoziale” und “Berufsverbrecher” – Die verleugneten Nazi-Opfer, von Peter Bratenstein, 19.01.2024: swr.de.

Projekt „Die Verleugneten”: https://www.die-verleugneten.de/
Ausstellung: „Die Verleugneten. Opfer des Nationalsozialismus 1933 – 1945 – heute“. Die Ausstellung wurde am 10. Oktober 2024 in Berlin eröffnet. Im März 2025 wird sie in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg zu sehen sein, anschließend in Köln, Leipzig und Osthofen. die-verleugneten.de.

Theater: „F. Zawrel – Erbbiologisch und sozial minderwertig”, ein Figurentheaterabend von Nikolaus Habjan und Simon Meusburger, Deutsches Theater Berlin: deutschestheater.de.

Verband für das Erinnern an die verleugneten Opfer des Nationalsozialismus e.V. (vevon): dieverleugneten-vevon.de.

Sekundärliteratur

Auerbach, Hellmuth, Die Einheit Dirlewanger, in: VfZ 10/3 (1963), S. 250-263, online verfügbar: ifz-muenchen.de.

Ayaß, Wolfgang, “Asoziale” im Nationalsozialismus, Stuttgart 1995.

Haberlah, Daniel, Als „Asoziale“ nach Ravensbrück. Das kurze Leben der Irmgard Plättner, Schellerten 2021.

Hörath, Julia, “Asoziale” und “Berufsverbrecher” in den Konzentrationslagern 1933 bis 1938, Göttingen 2017.

Ims, Alfons L., Eine „asoziale“ Pfälzer Familie. Wie in der NS-Zeit aus einem Sozialfall moralische Minderwertigkeit gemacht wurde, Ludwigshafen am Rhein 2022.

Klausch, Hans-Peter, Antifaschisten in SS-Uniform: Schicksal und Widerstand der deutschen politischen KZ-Häftlinge, Zuchthaus- und Wehrmachtstrafgefangenen in der SS-Sonderformation Dirlewanger (DIZ-Schriften, Bd. 6), Bremen 1993.

Kranebitter, Andreas, Die Konstruktion von Kriminellen. Die Inhaftierung von “Berufsverbrechern” im KZ Mauthausen, Wien 2024.

Köchl, Sylvia, „Das Bedürfnis nach gerechter Sühne“. Wege von
“Berufsverbrecherinnen” in das Konzentrationslager Ravensbrück, Wien 2016.

Lieske, Dagmar, Unbequeme Opfer? “Berufsverbrecher” als Häftlinge im KZ
Sachsenhausen, Berlin 2016.

Nonnenmacher, Frank (Hg.), Die Nazis nannten sie “Asoziale” und “Berufsverbrecher”. Geschichten der Verfolgung vor und nach 1945, Frankfurt a. M. 2024.

Nonnenmacher, Frank, „Du hattest es besser als ich”. Zwei Brüder im 20. Jahrhundert, Bad Homburg 2014.

Schrade, Carl, Elf Jahre. Ein Bericht aus deutschen Konzentrationslagern, Göttingen 2014.

Wachsmann, Nikolaus, Hitler’s Prisons. Legal Terror in Nazi Germany, New
Haven/London 2004.

Wiedemann, Felix, „Anständige” Täter – „asoziale” Opfer. Der Wiesbadener Juristenprozess 1951/52 und die Aufarbeitung des Mords an Strafgefangenen im Nationalsozialismus, in: VfZ 4/67 (2019), S. 593-619.

BILDQUELLEN

Arolsen 1

Akte von WEIL, BAPTIST, geboren am 29.12.1899, 1.1.8.3./ 11039530/ITS Digital Archive, Arolsen Archives.

Arolsen 2

Akte von WEIL, BAPTIST, geboren am 29.12.1899, 1.1.8.3./ 11039530/ITS Digital Archive, Arolsen Archives.

Arolsen 4

Akte von WEIL, BAPTIST, geboren am 29.12.1899, 1.1.5.3./ 7384849/ ITS Digital Archive, Arolsen Archives.

Arolsen 5

Akte von WEIL, BAPTIST, geboren am 29.12.1899, 1.1.5.3./ 7384850/ ITS Digital Archive, Arolsen Archives.

Baptist Weil

Kölner Gerichtszeitung, 42 (18.10.1930), gemeinfrei.

Beschluss Entschädigungsverfahren 1967

Beschluss im Entschädigungsverfahren vom 10.11.1967, LAV NRW R, BR 3006 Nr. 1953, o. Bl.

Beschwerdeschreiben Therese Weil 1967

Beschwerdeschreiben von Therese Bertrams an das Oberlandgericht Köln vom 10.11.1967, LAV NRW R, BR 3006 Nr. 1953, o. Bl.

Deutscher Bundestag_Anerkennung Asoziale und Berufsverbrecher

© Deutscher Bundestag, Drucksache 19/14342, online verfügbar: dserver.bundestag.de.

Düren in Trümmern

StuKrADN_Bildarchiv 2 Mappe 61_Sign. 21.

Düren nach dem Zweiten Weltkrieg

StuKrADN_Bildarchiv 2 Mappe 61_Sign. 27.

Entschädigungsantrag 1957

Antrag auf Entschädigung von Therese Weil vom 11.09.1957, LAV NRW R, BR 3006 Nr. 1953, o. Bl.

Frechen Gruppenfoto Braunkohle

Gruppenfoto der Belegschaft der Brikettfabrik Grube Wachtberg I. im Fabrikhof in Frechen, 1909.
© Stadtarchiv Frechen, BS 000398.

Frechen Hauptstraße, Gaststätte zur Glocke

© Stadtarchiv Frechen, BS 000147. Hinweis: Trotz großer Recherchebemühungen ist es uns nicht gelungen, für das Bild Urheber:innen bzw. Rechteinhaber:innen ausfindig zu machen. Sollten Sie Rechte an dem verwendeten Bild innehaben, melden Sie sich bitte bei uns unter info@nsberatung.de.

Frechen Fachwerkhäuser

© Deutsche Fotothek / Sächsische Landesbildstelle.

Gefängnis Klingelpütz Köln 1935

Autor:in unbekannt, Schrägluftbild des Gefängnisses Klingelpütz in Köln, 1935, Rechteinhaber:in unbekannt, online verfügbar: kuladig.de.

Gefängnis Klingelpütz Köln Eingang 1940

Autor:in unbekannt, Historische Aufnahme des Eingangs zum Gefängnis Klingelpütz in Köln, Rechteinhaber:in unbekannt, kuladig.de.

Gesuch Therese Weil 1941

Gesuch von Therese Weil an die Kriminalpolizei Köln Weidenbach vom 05.11.1941, LAV NRW R, BR 3006 Nr. 1953, o. Bl.

Gruppenfoto Johann Weil

KAREK/415-8229.

Grüner Winkel

Unused green triangle concentration camp prisoner patch with a black letter S found by US forces, United States Holocaust Memorial Museum #1991.198.5, gift of the National Archives and Records Administration, online verfügbar: collections.ushmm.org.

Häftlinge bei der Zwangsarbeit, 1943

Prisoners from the Buchenwald concentration camp at forced labor building the Weimar-Buchenwald railroad line, 1943, United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #85877. Courtesy of Gedenkstätte Buchenwald.

Hitler_Treffen SA und Stahlhelm_Braunschweig_1931

Hitler bei einem Treffen der SA-Abteilungen und der paramilitärischen Organisation Stahlhelm, Braunschweig Oktober 1931, Narodowe Archiwum Cyfrowe / Polish State Archives 3/1/0/17/12779, public domain, online verfügbar:
szukajwarchiwach.gov.pl.

Jahrmarkt_Kettenkarussel

© Deutsche Fotothek / Hans Wunderlich (Rechte vorbehalten).

Johann Weil 1. WK

© Privatbesitz Petra Wilfert.

Kirmes Tanz 1940er

WDR Digit/kerusker11, Tanz unterm Kirmesbaum, 1940er Jahre, online verfügbar: digit.wdr.de.

Köln, Rheinschiff mit nationalsozialistischer Beflaggung

WDR Digit/simau, online verfügbar: digit.wdr.de.

KZ Buchenwald_Zeichnung Pieck_1

Pieck, Henri, Zeichnung „Das Jahrhundert des Motors“, 1945, Nationaal Archief, public domain, online verfügbar:
hdl.handle.netg.

KZ Buchenwald_Zwangsarbeit

Prisoners from the Buchenwald concentration camp at forced labor building the Weimar-Buchenwald railroad line, 1943, United States Holocaust Memorial Museum #85878, courtesy of Gedenkstätte Buchenwald, public domain, online verfügbar: collections.ushmm.org/.

KZ Sachsenburg_Appellplatz

© Deutsches Historisches Museum.

KZ Sachsenhausen Zählappell

Autor:in unbekannt, Sachsenhausen roll call, 1941, Bundesarchiv, Bild 183-78612-0003, CC-BY-SA 3.0, online verfügbar: commons.wikimedia.org.

Polizeiakte Brief Arno Hasskarl

Schreiben der Kriminalpolizei Köln an Johann Weil vom 14.08.1934, LAV NRW R, BR 2034 Nr. 1323, o. Bl.

Polizeiakte Brief Karl Herz 1938

Abschrift: Brief von Karl Herz an den Kommandanten des KZ Buchenwald, LAV NRW R, BR 2034 Nr. 1323, o. Bl.

Polizeiakte Brief Dr. Walter Küper 1939

Schreiben vom Bürgermeister der Gemeinde Frechen als Ortspolizeibehörde, 11.05.1939, LAV NRW R, BR 2034 Nr.1323, o. Bl.

Polizeiakte Einstufung Berufsverbrecher

Einstufung der Kriminalpolizeidienststelle Köln vom 25.05.1937, LAV NRW R, BR 2034 Nr. 1323, o. Bl.

Polizeiakte_Gnadengesuch Therese Weil 1937

Gnadengesuch von Therese Weil vom 07.06.1937, LAV NRW R, BR 2034 Nr. 1323, o. Bl.

Polizeiakte_Liste Berufsverbrecher 1934

Schreiben der Kriminalpolizei Köln an Johann Weil vom 14.08.1934, LAV NRW R, BR 2034 Nr. 1323, o. Bl.

Polizeiakte_Strafregisterauszug

Strafregisterauszug von Baptist Weil, LAV NRW R, BR 2034 Nr. 1323, o. Bl.

Polizeiakte Überstellung Fronteinsatz 1944

Bescheinigung des Reichskriminalamts über die Überstellung zur “Bewährung im Fronteinsatz“, 27.06.1944, LAV NRW R, BR 2034 Nr. 1323, o. Bl.

Polizeiakte Verurteilungen 1934

Straftatenliste von Baptist Weil, ausgestellt vom Bürgermeister Frechen am 05.06.1934, LAV NRW R, BR 2034 Nr. 1323, o. Bl.

Porträtfoto Oskar Dirlewanger

BArch, Bild 183-S73495 / August Ahrens.

Reichstagsgebäude

© DBT / Felix Zahn / photothek.

RGBl 1933, Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher

Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24.11.1933, RGBl. I 1933, Nr. 133, Seite 995-999.

Soldaten Einheit Dirlewanger_2

Autor:in unbekannt, Soldaten der “SS-Sonderformation Dirlewanger”, Warschau 1944, Nationaal Archief, public domain, online verfügbar: hdl.handle.net.

Soldaten im Schützengraben

Deutsche Fotothek / Zimmermann, Rudolf, public domain.

SS-Sondereinheit Dirlewanger

BArch, B 162 Bild-00217, o. Ang.

Stellungnahme Landkreis Köln 1958

Stellungnahme Landkreis Köln vom 15.04.1958, LAV NRW R, BR 3006 Nr. 1953, o. Bl.

Zeitungsartikel Weil

Kölner Lokal-Anzeiger, 46 (28.5.1931) 249, zeit.punktNRW, online verfügbar: zeitpunkt.nrw.

ZUSÄTZLICH VERWENDETES QUELLENMATERIAL AUF UNSEREN SOCIAL MEDIA KANÄLEN

Arolsen 3

Akte von WEIL, BAPTIST, geboren am 29.12.1899, 1.1.5.3./ 7384848/ ITS Digital Archive, Arolsen Archives.

Bundestag Plenarsaal

© DBT / Thomas Trutschel / photothek.

Göring, Keitel, Himmler, Hitler im Gespräch

Bauer, Franz, Im Gespräch: Göring, Keitel, Himmler, April 1942, Narodowe Archiwum Cyfrowe / Polish State Archives 3/2/0/-/12157, public domain, online verfügbar: szukajwarchiwach.gov.pl.

Grafik Helmut Krebs_Sachsenhausen

© Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen.

Häftlinge im KZ Buchenwald, 1941

Dutch Jews wearing prison uniforms marked with a yellow star and the letter „N“, for Netherlands, stand at attention during a roll call at the Buchenwald concentration camp. United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #83718. Courtesy of Gedenkstätte Buchenwald. Copyright of United States Holocaust Memorial Museum.

Heilsarmee Berlin, 1915

Bain News Service, Salvation Army feeding Berlin children, Berlin 1915, gemeinfrei, Library of Congress, online verfügbar: loc.gov.

KZ Mauthausen Himmler und Ziereis

Commandant Franz Ziereis points out something to Heinrich Himmler and other SS officials while viewing the quarry during an inspection tour of the Mauthausen concentration camp. United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #12059. Courtesy of Archiv der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Copyright of United States Holocaust Memorial Museum.

Soldaten_Einheit Dirlewanger_1

Autor:in unbekannt, Soldaten der “SS-Sonderformation Dirlewanger”, Warschau 1944, Nationaal Archief, public domain, online verfügbar: hdl.handle.net.

Stacheldrahtzaun KZ Flossenbürg

A section of the barbed wire fence and barracks in the Flossenbuerg concentration camp Mai 1945, United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #85898. Courtesy of National Archives and Records Administration, College Park. Copyright of United States Holocaust Memorial Museum.

Video Befreiung Flossenbürg

Film Befreiung Flossenbürg, 30.04.1945, Accession Number: 2010.479.1, RG Number: RG-60.1268, Film ID: 2903, accessed at United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of National Archives and Records Administration, public domain, online verfügbar: collections.ushmm.org.

Warschauer Aufstand Dirlewanger

BArch, Bild 183-R97906, Schremmer.