Geschichte

Das Konzentrationslager Flossenbürg wurde im Mai 1938 gegründet. Gelegen im Oberpfälzer Wald in Bayern gehört es lange Zeit zu den eher unbekannteren Lagern. Ende Mai 1938 wurden die ersten 200 Häftlinge aus Dachau nach Flossenbürg verschleppt, um mit dem Bau des Lagers und der Erschließung und der Arbeit im Granit-Steinbruch zu beginnen. Bei den ersten Häftlingen handelte es sich primär um Männer, die den grünen Winkel tragen mussten. Sie waren wegen unterschiedlicher krimineller Delikte vorbestraft und nach Verbüßung ihrer ursprünglichen Haftzeit aufgrund des “Erlasses über die vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch die Polizei” vom 14. Dezember 1937 direkt und ohne richterlichen Beschluss in ein KZ eingewiesen worden. Das Bild des KZ Flossenbürg als Straflager für “politische Verbrecher”, “Asoziale” und “Kriminelle” wurde von der SS bewusst gefördert, um die menschenverachtenden Praktiken vor Ort zu legitimieren. Ab 1940 wurden jedoch vermehrt auch politische Häftlinge sowie Häftlinge aus den besetzten Ländern ins Lager verschleppt. Bis 1945 wuchs der Komplex um fast 80 Außenlager an. Zwischen 1938 und 1945 wurden etwa 84.000 Männer und 16.000 Frauen in Flossenbürg inhaftiert und zu schwerster körperlicher Arbeit gezwungen. Neben dem Einsatz im Steinbruch wurden viele von ihnen auch in der Rüstungsindustrie beschäftigt. Mehr als 30.000 von ihnen verloren im Komplex des KZ Flossenbürg ihr Leben.

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Handgezeichneter Plan des KZ Flossenbürg.

Arbeits- und Lebensbedingungen

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Nach der Befreiung verlassen deutsche Zivilisten das Lager mit den Leichen verstorbener Häftlinge zur Beerdigung.

Die Inhaftierten wurden zur Erschließung des Steinbruchs gezwungen, was schwerste körperliche Arbeit bedeutete. Nach zwei Jahren übernahmen die Deutschen Erd- und Steinwerke (DESt), ein SS-Unternehmen, die Aufsicht über die Arbeiten. Neben der wirtschaftlichen Ausbeutung der Inhaftierten diente ihr Einsatz in Flossenbürg jedoch primär ihrer Schikane und der Zerstörung ihrer Persönlichkeit. Die lebenswidrigen Umstände aufgrund der schweren körperlichen Zwangsarbeit wurde noch durch die drangvolle Enge in den Baracken sowie die mangelhafte Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln verschärft. An Weihnachten 1939 kam es infolgedessen zum Ausbruch einer Ruhrepidemie. Häftlinge, die aufgrund von Hunger und Krankheiten nicht mehr arbeitsfähig waren, wurden in den Baracken in unmittelbarer Nähe zum Krematorium sich selbst überlassen. Bei der unmenschlichen Praxis machte sich die SS die politische, soziale und religiöse Verschiedenheit der Häftlinge zunutze und förderte ein streng hierarchisches System unter den Inhaftierten. Insbesondere die Situation der polnischen, sowjetischen und jüdischen Häftlinge war dadurch katastrophal.

Todesmärsche

Als die Niederlage Deutschlands nicht mehr zu ignorieren war, begann die SS damit, die Spuren ihrer Mordtätigkeiten zu verwischen. Dafür schickten sie über 40.000 Gefangene, die sich zu diesem Zeitpunkt im Haupt- und den Außenlagern befanden, auf Todesmärsche und -transporte Richtung Süden. Zwischen 5.000 und 8.000 von ihnen starben vor Erschöpfung, erfroren oder wurden erschossen und erschlagen.

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Deutsche Zivilist:innen, hier aus Neunburg, mussten nach der Befreiung der Bestattung von Opfern der Todesmärsche beiwohnen.

Befreiung

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Blick auf das KZ Flossenbürg nach der Befreiung.

Am 22. April hörten US-amerikanische Soldaten das Gerücht, dass sich in der Nähe ihres Aufenthaltsortes in Floß ein KZ befinden sollte: “This place is supposed to be one of the worst concentration camps in Germany.” (“Dieser Ort soll eines der schlimmsten Konzentrationslager in Deutschland sein.”) Am 23. April 1945 erreichten Soldaten der US-Armee daraufhin das fast vollständig geräumte KZ Flossenbürg. Nur noch 1.500 todkranke und nicht mehr marschfähige Menschen waren von der SS zurückgelassen worden. William Johnson, ein Beteiligter an der Befreiung, beschreibt seine Eindrücke so: “Das, was unsere Augen uns offenbarten, war unverständlich. Gestraffte Haut über knochigen Individuen in Häftlingskleidung in einer Kategorie von halbtot bis tot.”

KZ-Gedenkstätte Flossenbürg ‒ Heute

Das Lager gerät über die Jahre in Vergessenheit. Sogar ein Wohnbauprojekt wird Ende der 50er Jahre auf dem Gelände realisiert. Erst nach langen Jahrzehnten des Verdrängens und Vergessens wird im April 1995 die Denktafel “Orte des Schreckens” auf dem Berliner Wittenbergplatz um den Namen des KZ Flossenbürg ergänzt. Im gleichen Jahr wird durch Anstrengungen der Überlebenden der Aufbau einer Gedenkstätte in Flossenbürg angestoßen. Im Jahr 2015 wurde die umfangreiche Neugestaltung der Gedenkstätte mit der Eröffnung des Bildungszentrums abgeschlossen. Dennoch gehört der Komplex des KZ Flossenbürg lange zu den eher unbekannteren Lagern.

Gedenktafel_Orte_des_Schreckens_Wittenbergplatz

ZITATE

Jörg Skriebeleit, Erinnerungsort Flossenbürg. Akteure, Zäsuren, Geschichtsbilder, Göttingen 2009, S. 53.

Sekundärliteratur

Benz, Wolfang/Distel, Barbara (Hg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Flossenbürg, Mauthausen, Ravensbrück, Bd. 4, München 2006.

Möller, Lena, “Auf Stätten des Leids Heime des Glücks”. Die Siedlung am Vogelherd auf dem Areal des ehemaligen KZ Flossenbürg und ihre Emotionalisierung als Wohn- und Gedächtnisort, Münster/New York 2019.

Siegert, Toni, Das Konzentrationslager Flossenbürg. Gegründet für sogenannte Asoziale und Kriminelle, in: Broszat, Martin/Fröhlich, Elke (Hg.), Bayern in der NS-Zeit. II. Herrschaft und Gesellschaft im Konflikt, Teil A. München 1979, S. 429-493.

Skriebeleit, Jörg, Erinnerungsort Flossenbürg. Akteure, Zäsuren, Geschichtsbilder, Göttingen 2009.

BILDQUELLEN

Bestattung Todesmarschopfer, Neunburg

German civilians from Neunburg attend a funeral service for Polish, Hungarian, and Russian Jews found in the forest near their town. United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #22224. Courtesy of National Archives and Records Administration, College Park. Copyright of United States Holocaust Memorial Museum.

Gedenktafel ‘Orte des Schreckens’ Wittenbergplatz

OTFW/wikimedia, Gedenktafel, Wittenbergplatz, “Orte des Schreckens”, unverändert, online verfügbar: wikimedia.org. Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE DEED.

Haupttor des KZ Flossenbürg nach der Befreiung

German civilians bringing corpses out of Flossenbürg,
US Army Signal Corps, 3. Mai 1945, online verfügbar:
wikimedia.org.

KZ Flossenbürg nach Befreiung

The Flossenbuerg concentration camp after liberation, Mai 1945. United States Holocaust Memorial Museum Photo Archives #85891. Courtesy of National Archives and Records Administration, College Park, Copyright of United States Holocaust Memorial Museum.

Plan des KZ Flossenbürg

Kryszak, Stefan, Handgezeichneter Plan des KZ Flossenbürg, online verfügbar: wikimedia.org.