Geschichte

Justizanstalt Wien-Favoriten
Die Justizanstalt Wien-Favoriten, ehemaliger Standort des zentralen Haftgebäudes der NS-Militärjustiz in Wien, des WUG X.

In Wien wurden von der Wehrmacht fünf Gefängnisse betrieben: Das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis im Bezirk Favoriten (kurz: WUG X), das WUG VII in Neubau, das WUG XIX in Döbling, das WUG XXI in Floridsdorf und das WUG II in Leopoldstadt. Die römische Nummerierung orientierte sich dabei an der Nummer des jeweiligen Wiener Gemeindebezirks, in welchem sich die Gefängnisse befanden. Das größte und wichtigste war das WUG X.

Ursprünglich befand sich im Gebäude in der Hardtmuthgasse 42 seit 1914 das Bezirksgericht mit angeschlossenen Gefangenenhaus, bis es zwischen 1938 und 1945 zum zentralen Haftgebäude und zur Schaltzentrale der NS-Militärjustiz in Wien umfunktioniert wurde. Nach dem “Anschluss” war das österreichische Bundesheer in der deutschen Wehrmacht aufgegangen, sodass deren Gerichtsbarkeit nun auch für österreichische Soldaten galt. Leiter der Anstalt war Major Weddige, das restliche Personal setzte sich aus Soldaten und Zivilist:innen zusammen.

Verfolgtengruppen

Tausende Wehrmachtsangehörige und Zivilpersonen, die durch die NS-Militärjustiz verdächtigt wurden, wurden hier inhaftiert. Entgegen der Bezeichnung als “Untersuchungsgefängnis” wurden im WUG X jedoch auch teils mehrjährige Haft- und Arreststrafen vollstreckt. Viele Inhaftierte wurden allerdings nach ihrer Verurteilung durch ein Wehrmachtsgericht, z. B. durch das Feldkriegsgericht der Division 177, nach nur wenigen Wochen auf verschiedene Wiener Haftanstalten aufgeteilt, in Arbeits- und Bewährungslager verschleppt oder bis zu ihrer Hinrichtung am Schießplatz Kagran oder im Landgericht I inhaftiert. Vereinzelt berichteten Gefangene von Misshandlungen und Fällen von Suizid im WUG X. Inhaftiert wurden Personen aus einem großen Einzugsgebiet, welches sich von Rumänien bis Griechenland erstreckte.

Frau vor einem Schaufenster in Danzig
Warnung an Soldaten vor Fahnenflucht, Danzig im Februar 1945.

Befreiung und Gedenken

Tafel Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis
Seit dem 30 April 2015 erinnert eine Gedenktafel an die Opfer der NS-Militärjustiz im WUG X in Wien.

Als sich die Alliierten 1945 Wien näherten, hielt die NS-Militärjustiz den Betrieb zunächst weiter aufrecht und baute die Verfolgung von Deserteuren und “Selbstverstümmlern” sogar noch aus. Verurteilte wurden zur “Bewährung” an die Ostfront geschickt. Anfang April 1945 wurde das WUG X von der Roten Armee befreit. Ende März war das WUG X bereits von der Gefängnisleitung aufgelöst und rund 200 Insassen in Richtung Döllersheim bei Allentsteig getrieben worden. Einigen gelang die Flucht, andere wurden erschossen. Nach Kriegsende wurden im WUG X kurzzeitig NS-Parteifunktionär:innen inhaftiert. Heute befindet sich im Gebäude die Justizanstalt Favoriten. Eine am 30. April 2015 errichtete Gedenktafel erinnert an die NS-Vergangenheit des Gebäudes.

SEKUNDÄRQUELLEN

Denkmal für die Verfolgten der NS-Militärjustiz in Wien, Wehrmachtuntersuchungsgefängnis Favoriten (WUG X), (o. J.), online verfügbar: deserteursdenkmal.at.

Wien Geschichte Wiki, Tafel Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Wien-Favoriten (15.04.2021), online verfügbar: geschichtewiki.wien.gv.at.

BILDQUELLEN

Danzig, Frau vor Schaufenster 1945

Autor:in unbekannt, Danzig, Frau vor Schaufenster, Februar 1945, Bundesarchiv, Bild 146-1996-030-12A, online verfügbar: commons.wikimedia.org, Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Justizanstalt Wien-Favoriten

User Popmuseum from german Wikipedia/wikimedia, Justizanstalt Wien-Favoriten, 24. Februar 2008, online verfügbar: commons.wikimedia.org, Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Tafel Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Wien-Favoriten

porem – politics of remembrance, Tafel Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Wien-Favoriten, 1100 Hardtmuthgasse 42, 2. Oktober 2017,online verfügbar: geschichtewiki.wien.gv.at, Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0.